Publikationen - Point-Newsletter
Point «Aktuelle Biotechnologie» Mai 2023 (Nr. 251)
- Pflanzensorten mit Mehrwert für die Schweiz
- Allergenreduzierte Eier und gesündere Rinder
- Nachhaltige Nahrung aus künstlicher Photosynthese
- Gentherapie-Gel als Hoffnung für Schmetterlingskinder
31.05.2023
Pflanzenzüchtung: Sorten mit Mehrwert für die Schweiz
Neue Verfahren, wie die Genomeditierung mit der Genschere CRISPR/Cas9, beflügeln weltweit die Pflanzenzüchtung, schon über 700 Forschungsprojekte laufen dazu. Aufgrund der veralteten gesetzlichen Vorschriften wäre der Anbau solcher Pflanzen in der Schweiz jedoch aktuell verboten. Die Schweizer Akademie der Naturwissenschaften SCNAT zeigt jetzt anhand ausgewählter Beispiele aus der Grundlagenforschung das Potenzial genomeditierter Pflanzen für die Schweiz auf. Reben können in kurzer Zeit resistenter gegen Mehltau gemacht werden, Apfelbäume gegen den gefürchteten Feuerbrand. Bei Tomaten lässt sich die Anfälligkeit gegen Viruskrankheiten reduzieren, bei Kartoffeln jene gegen die Kraut- und Knollenfäule. Resistentere Pflanzen benötigen weniger Pflanzenschutzmittel als herkömmliche Sorten. Aber auch direkte Vorteile für Konsumenten wären möglich. So haben Forschende durch Genomeditierung glutenreduzierten Weizen entwickelt. Ein entscheidender Vorteil der neuen Züchtungsverfahren ist, dass damit bereits bestehende Sorten relativ schnell angepasst werden können, ohne ihre bewährten Eigenschaften zu beeinträchtigen. Die Chancen liegen auf der Hand – was noch fehlt, sind innovationsfreundliche Rahmenbedingungen, die einen Anbau genomeditierter Pflanzen in der Schweiz ermöglichen würden. (mehr…)
Tierzucht: Allergenreduzierte Eier und gesündere Rinder durch Genomeditierung
Präzise Erbgut-Veränderungen bei Nutztieren durch neue genetische Verfahren könnten verbesserte Produkte für Konsumenten und eine Steigerung des Tierwohls ermöglichen. Das zeigen aktuelle Forschungsresultate. In Japan entfernte ein Forschungsteam jetzt mit Hilfe der Genomeditierung das Ovomukoid, eines der wichtigsten Allergene, aus Hühnereiern. Bei Kindern ist Hühnereiweiss der häufigste Allergieauslöser, und Ovomukoid wird auch durch Backen oder Kochen nicht zerstört. Betroffene Personen müssen daher eine sorgfältige Diät ohne Eiprodukte einhalten. Allergenreduzierte Eier könnten hier eine Chance für eine vielseitigere und gesündere Ernährung bieten. Aber auch für das Wohl der Nutztiere könnten gezielte Erbgut-Anpassungen einen Beitrag leisten. US-Forschende zeigen, wie Kälber durch Genomeditierung gegen eine verheerende, durch Viren ausgelöste Durchfallerkrankung (BVD) unempfindlich gemacht werden können. Weltweit ist das eine der wirtschaftlich bedeutendsten Erkrankungen bei Rindern. Eine präzise Veränderung eines Empfänger-Eiweisses der Rinderzellen verhindert das Andocken des Virus und damit die Infektion. Diese Beispiele zeigen das Potenzial der neuen Technologien auf. Während erste genomeditierte Nutztiere in einigen Ländern schon auf dem Markt sind, ist noch ungewiss, ob sie in der Schweiz und Europa eingesetzt werden können und sollen – die Diskussionen dazu laufen. (mehr…)
Synthetische Biologie: Künstliche Photosynthese für nachhaltige Nahrungsproduktion
Pflanzen nehmen das Treibhausgas Kohlendioxid aus der Luft auf und produzieren daraus mit Sonnenenergie Biomasse. Diese enthält die Grundstoffe unserer Nahrung, wie Zucker, Stärke und Eiweiss. Durch eine Kombination von Technologien arbeiten Chemiker und Biotechnologen daran, diesen Milliarden von Jahren alten Prozess effizienter zu machen. Ein Ansatz besteht darin, mit Elektrizität aus Sonnenenergie eine chemische Bindung von Kohlendioxid in einfachen, kleinen Molekülen anzutreiben. Die Herausforderung liegt darin, aus diesen Chemikalien grössere Moleküle aufzubauen, die zum Beispiel als Nahrungsstoffe dienen könnten. Durch den Nachbau von Biosynthesewegen im Reagenzglas wird das zunehmend möglich. Dazu werden mehrere genetisch angepasste Enzyme von verschiedenen Organismen kombiniert, um die gewünschten biochemischen Reaktionen ablaufen zu lassen. Auf diesem Weg konnten bereits Zucker und Stärke produziert werden. Jetzt ist es auch gelungen, die Aminosäure Alanin – ein wichtiger Bestandteil von Eiweiss – durch Biosynthese aus dem kleinen Molekül Methanol aufzubauen. Schritt für Schritt wird so eine nachhaltige Alternative zur Produktion von Nahrungsmitteln, mit Hilfe sauberer Energie und unter Bindung von Treibhausgasen, entwickelt. (mehr…)
Medizin: Gentherapie-Gel als Hoffnung für Schmetterlingskinder
Ein sehr seltener Gendefekt kann zu einem Mangel an Kollagen-Eiweiss in der Haut führen. Das schwächt ihre Struktur und macht sie empfindlich gegen Druck oder Reibung. Schon leichte Berührungen führen zu schmerzhaften Wunden, ein normaler Alltag mit Herumtollen und sportlichen Aktivitäten ist für betroffene Kinder kaum möglich. Die Bezeichnung «Schmetterlingskrankheit» deutet darauf hin, dass ihre Haut so zart und heikel ist wie ein Schmetterlingsflügel. Ein US-amerikanisches Medizinerteam hat jetzt ein neuartiges Behandlungskonzept vorgestellt: eine Gentherapie in Form eines Gels, das auf die Wunden aufgetragen wird. Das Gel enthält genetisch veränderte Viren, die eine intakte Kopie des Kollagen-Gens in die Hautzellen einbringen. Die Viren selbst können sich nicht weiter vermehren und verändern auch das Erbgut der Patienten nicht. In klinischen Versuchen führte die Behandlung zu einer deutlich beschleunigten Heilung von Hautverletzungen bei Patienten, und die Behandlung war wesentlich weniger schmerzhaft für sie. In den USA wurde die neue Therapie jetzt zugelassen, auch für Europa soll ein Antrag eingereicht werden. (mehr…)
Vollständige PDF Druckversion Point «Aktuelle Biotechnologie» Mai 2023 (Nr. 251) mit Quellenangaben
Text und Redaktion: Jan Lucht, Leiter Biotechnologie (jan.lucht@scienceindustries.ch)