Publikationen - «Carte Blanche» Gastbeiträge
Katrin Schneeberger, Direktorin des Bundesamts für Umwelt (BAFU)
Der Rahmen für die langfristige Klimapolitik ist gesetzt
12.07.2023
Die Stimmbevölkerung hat am 18. Juni 2023 ein deutliches Signal gesendet: Sie will eine klimaneutrale Schweiz bis 2050. Damit ist der Orientierungsrahmen für Investitionsentscheide in der Industrie gesetzt.
Am 18. Juni 2023 hat die Schweizer Stimmbevölkerung das Klima- und Innovationsgesetz (KlG) mit knapp 60 Prozent Ja-Stimmen deutlich angenommen. Die Schweiz ist damit weltweit das erste Land, dessen Netto-Null-Ziel in einer Volksabstimmung legitimiert wurde. Mit diesem Entscheid hat sich die Bevölkerung auch hinter die Ziele des Übereinkommens von Paris gestellt, namentlich die Verminderung der Treibhausgasemissionen, die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels und die klimafreundliche Ausrichtung der Finanzmittelflüsse.
Mit Netto-Null sind wir nicht allein
Das Ja zum KlG ist ein direktdemokratisches Ja zu einer klimaneutralen Schweiz. Es ist eine wichtige Weichenstellung für unser Land, insbesondere auch für die Industrie und weitere Wirtschaftsbereiche: Die Schweiz geht in Richtung Netto-Null, die Industrie wird im Jahre 2050 dekarbonisiert sein. Das ist kein einfacher Weg, aber wir sind nicht allein: Eine Vielzahl von Staaten, darunter wichtige Handelspartner der Schweiz, hat diesen Weg ebenfalls rechtlich verankert und ist daran, entsprechende Massnahmen umzusetzen. In der Schweiz werden den Unternehmen und den Haushalten mit dem KlG Unterstützung und Anreize geboten, ihre Investitionsentscheide auf das Netto-Null-Ziel auszurichten.
Bewährtes weiterführen
Als sogenanntes Rahmengesetz definiert das KlG das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 sowie Zwischenziele. Die Massnahmen müssen in separaten Gesetzen ausgearbeitet werden. Aus diesem Grund wird der Bundesrat im KlG beauftragt, diesem Gesetz ein Massnahmengesetz zur Seite zu stellen, das CO2-Gesetz.
Mit der Revision des CO2-Gesetzes soll ein erster Schritt in Richtung Netto-Null erfolgen. Sie regelt die klimapolitischen Massnahmen bis 2030. Bis dahin soll die Schweiz ihre Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 halbieren. Das Gesetz wird derzeit im Parlament beraten und soll per 1. Januar 2025 in Kraft treten.
Befreiungsmöglichkeit von der CO2-Abgabe
Mit dem revidierten CO2-Gesetz soll ein für die Industrie zentrales Element weitergeführt werden: Die Befreiungsmöglichkeit von der CO2-Abgabe. Sie gilt für Unternehmen, die mit dem Bund eine Verminderungsverpflichtung eingehen oder am Emissionshandelssystem (EHS) teilnehmen.
Die Verknüpfung des Schweizer EHS mit demjenigen der EU soll ebenfalls weitergeführt werden, so dass hiesige Unternehmen dieselben Wettbewerbsbedingungen haben wie ihre europäischen Mitbewerber. Der Bundesrat empfiehlt hingegen, von einer Einführung eines CO2-Grenzausgleichsmechanismus, wie er ab 2026 in der EU schrittweise umgesetzt werden soll, zum jetzigen Zeitpunkt abzusehen. Die Schweiz erhält sich damit Freiheitsgrade, während der EU-CBAM und dessen Geltungsbereich im Aufbau sind.
Gemeinsam erreichen wir Netto-Null
Sie sehen: Die Schweizer Klimapolitik erfolgt in Abstimmung mit der Staatengemeinschaft und insbesondere der EU. Wie obiges Beispiel zeigt, ist der Bundesrat aber auch bereit, für die Schweiz spezifische Vorschläge zu erarbeiten und damit auch unsere Industrie auf ihrem Weg in Richtung Netto-Null zu unterstützen. Das Ziel ist erreichbar und bezahlbar, und wir sind damit nicht alleine.
Bildquelle «KEYSTONE/Christian Beutler»