Publikationen - Point-Newsletter
Point «Aktuelle Biotechnologie» September 2023 (Nr. 255)
- Antibiotikum mit Resistenz gegen Resistenzbildung
- Immer mehr genomeditierte Nutzpflanzen in Entwicklung
- Biotech-Werkzeuge für alternative Proteine
- Bakterien als Plastikfresser in Meerwasser
29.09.2023
Medizin: Antibiotikum mit Resistenz gegen Resistenzbildung
Antibiotika sind unverzichtbar zur Behandlung von Krankheiten und Wundinfektionen, die durch Bakterien ausgelöst werden. Allerdings verlieren viele Antibiotika zunehmend ihre Wirksamkeit, weil Krankheitserreger resistent gegen den Wirkstoff werden. Das gefährdet den Therapieerfolg, und kann ernste Auswirkungen auf die Gesundheit haben. Es besteht daher ein grosser Bedarf nach neuartigen, wirksamen Antibiotika, gegen die es noch keine Resistenzen gibt. Forscher haben jetzt aus einem seltenen Bodenbakterium die antibiotische Substanz Clovibactin gewonnen. Sie wirkt mit einem neuartigen Mechanismus gegen eine Vielzahl von Krankheitserregern, auch solchen mit Resistenz gegen andere Antibiotika. Im Gegensatz zu anderen Wirkstoffen, gegen die sich spontan Resistenzen entwickeln können, wurden solche bei Clovibactin bisher nicht beobachtet. Aufgrund seiner Wirkweise ist es wahrscheinlich, dass Resistenzen nur sehr schwer oder gar nicht entstehen können. Der vielversprechende Wirkstoff könnte zu einer neuen Klasse von resistenzblockierenden Antibiotika für die Medizin weiterentwickelt werden. (mehr…)
Innovative Züchtungsverfahren: Immer mehr genomeditierte Nutzpflanzen in Entwicklung
Die Landwirtschaft steht vor grossen Herausforderungen. Die klassische Züchtung kann mit den steigenden Anforderungen an Erträge, Qualität und Widerstandsfähigkeit der Pflanzensorten nicht mehr Schritt halten. Daher greifen Pflanzenzüchter weltweit zunehmend zu den neuen Werkzeugen der Genomeditierung wie der Genschere CRISPR/Cas9, um die Verbesserung von Sorten schneller, effizienter und gezielter durchzuführen. Die Datenbank EU-SAGE ermöglicht einen Einblick in den aktuellen Stand von Forschung und Entwicklung. Sie erfasst bis Mitte September 787 öffentlich bekannte Forschungsprojekte an 70 Pflanzenarten, von Apfelbäumen über Reis, Mais, Weizen, Kartoffeln, Wassermelonen bis hin zur Yamswurzel. Am häufigsten werden Eigenschaften wie Ertrag und Qualität verbessert, aber auch Resistenzen gegen Krankheiten und Schädlinge sind wichtige Züchtungsziele. Die weltweit führende Forschungsnation auf dem Gebiet der innovativen Züchtungsverfahren ist mit grossem Abstand China. Gefolgt von den USA und Japan. Aber auch in Europa gibt es zahlreiche Aktivitäten. Die Anwendung der neuen Technologien wird auch dadurch gefördert, dass immer mehr Länder genomeditierte Pflanzen ähnlich behandeln wie herkömmlich gezüchtete Sorten. (mehr…)
Lebensmittel: Biotech-Werkzeuge für alternative Proteine
Eine zunehmend pflanzenbasierte Ernährung liegt voll im Trend. Damit lassen sich Nachhaltigkeit der Lebensmittelproduktion und Tierwohl verbessern, und zugleich kann man damit etwas Gutes für die Gesundheit tun. Immer mehr tierisches Eiweiss aus Fleisch, Milch und Eiern wird durch alternative Proteine aus Pflanzen ersetzt. Allerdings unterscheiden sich die Eigenschaften von tierischem und pflanzlichem Eiweiss erheblich, nicht nur im Geschmack sondern auch in der Verarbeitung, der Konsistenz und dem Mundgefühl. Die Verwendung pflanzlicher Proteine in der Lebensmittelproduktion ist daher eine Herausforderung. Hier können Lebensmittel-Enzyme unterstützen. Das sind Stoffwechsel-Eiweisse, die biotechnologisch aus Mikroorganismen gewonnen werden und chemische und physikalische Umwandlungen erleichtern. Mit Enzymen kann bei der Gewinnung der alternativen Proteine aus pflanzlichen Rohstoffen Energie gespart und Abfall reduziert werden. Auch ermöglichen Enzyme es, die Eigenschaften der Proteine gezielt zu verändern. So lassen sich Geschmack, Konsistenz und Verarbeitungseigenschaften verbessern. Enzyme können so die Produktqualität optimieren und eine Umstellung der Ernährung in Richtung mehr pflanzlicher Rohstoffe und damit mehr Nachhaltigkeit und Gesundheit fördern. (mehr…)
Umwelt-Biotechnologie: Bakterien als Plastikfresser in Meerwasser
Immer mehr Kunststoff gelangt in die Weltmeere. Da er nur sehr langsam abgebaut wird, reichert er sich dort an und kann die Ökosysteme schädigen. Daher besteht dringender Bedarf nach Technologien, um Kunststoffe aus dem Meer zurückzuholen und zu verwerten. US-Forscher zeigen jetzt erstmals, wie Meeresbakterien genetisch so verändert werden können, dass sie als biologische Plastik-Fresser PET Kunststoff in einer Salzwasser-Umgebung direkt abbauen und in seine chemischen Bestandteile zerlegen. Die Wissenschaftler übertrugen zwei Stoffwechsel-Eiweisse aus anderen Mikroorganismen in die Bakterien und koppelten sie aussen an deren Zellhülle. Dadurch können die Bakterien bei ihrem Wachstum PET-Plastik in ihrer Umgebung spalten. Dabei entsteht ein chemischer Grundbaustein, der entweder wieder zur PET-Herstellung eingesetzt werden kann, oder zu anderen hochwertigen Produkten weiterverarbeitet werden kann. Wenn es gelingt, die Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu steigern, könnten diese Forschungsresultate eines Tages einen Beitrag zur Lösung der Plastikkrise in den Ozeanen leisten. (mehr…)
Text und Redaktion: Jan Lucht, Leiter Biotechnologie (jan.lucht@scienceindustries.ch)