Point «Aktuelle Biotechnologie» Juni 2024 (Nr. 264)

Neue Züchtungsverfahren: Genschere CRISPR/Cas9 zur Bekämpfung der Zebrachip-Krankheit

In zahlreichen Ländern sind Kartoffeln wichtige Grundnahrungsmittel, aber sie sind anfällig gegen Krankheiten. Eine davon ist die von Bakterien ausgelöste Zebrachip-Krankheit. Sie führt zum Absterben von Pflanzenteilen und chemischen Veränderungen in den Knollen. Diese verursachen beim Braten oder Frittieren ein charakteristisches Zebramuster, das der Krankheit ihren Namen verleiht. Wirtschaftliche Schäden entstehen durch hohe Ertragseinbussen und die Kosten für die Vorbeugung der Krankheit. Diese erfolgt zumeist mit Hilfe von Insektiziden, welche Insekten als Überträger der Bakterien bekämpfen. Ein Forschungsteam von der Texas A&M University hat jetzt die Genomeditierung eingesetzt, um Kartoffeln widerstandsfähiger gegen die Zebrachip-Krankheit zu machen. Sie schalteten ein Kartoffelgen aus, das pflanzliche Abwehrmechanismen bremst. Dadurch waren die Pflanzen besser auf den Bakterienbefall vorbereitet und konnten deren Vermehrung eindämmen. Die infizierten Pflanzen zeigten daher deutlich reduzierte Symptome an Blättern und Knollen, ihr Wachstum war sonst unverändert. Ob sich die genomeditierten Kartoffeln mit ihrer aktiveren Krankheitsabwehr auch im praktischen Anbau bewähren, müssen Feldversuche zeigen. (mehr…)

Biotechnologie RNA als Werkzeug für Gesundheit und Pflanzenschutz

Die Boten-RNA (mRNA) hat eine zentrale Bedeutung bei der Übertragung der genetischen Information von Organismen aus dem Erbgut und bei ihrer Umsetzung in funktionelle Eiweisse. Auch bei anderen Lebensprozessen spielt RNA eine wichtige Rolle. Aber erst mit der Entwicklung der mRNA-basierten Corona-Impfstoffe ist das Potenzial von RNA als Werkzeug ins breite Bewusstsein gerückt. Die Schweizer Akademie der Naturwissenschaften SCNAT gibt in einem neuen Bericht einen Überblick zu den vielfältigen Anwendungsbereichen. mRNA wird als Impfstoff gegen ansteckende Krankheiten oder auch bestimmte Krebserkrankungen entwickelt, kann aber auch für die körpereigene Herstellung fehlender Proteine eingesetzt werden oder die Produktion von Antiköpern stimulieren. Kurze, von aussen zugeführte RNA-Ketten können aber auch spezifisch die Genablesung in Lebewesen blockieren. Das kann zur Therapie von menschlichen Krankheiten eingesetzt werden, aber auch dafür, im Pflanzenschutz die Erreger von Pflanzenkrankheiten oder Schadinsekten unter Kontrolle zu bekommen. Die Anwendungsmöglichkeiten von RNA sind breit, die Entwicklungen schreiten in vielen Bereichen voran. Der SCNAT-Bericht beschreibt Technologien, Anwendungsbeispiele, aber auch Herausforderungen. (mehr…)

Nachhaltigkeit: Neues Enzym erleichtert biobasierte Vanillinproduktion

Vanille gilt als der weltweit beliebteste Aroma- und Riechstoff. Tausende von Produkten, von Glace über Schokolade, Gebäck, Getränken bis hin zu Parfums enthalten das warme, charakteristische Aroma. Echte Vanille aus Vanilleschoten gehört zu den teuersten Gewürzen überhaupt, das Angebot am Weltmarkt ist sehr begrenzt. Weniger als 1% des weltweit verwendeten Vanille-Aromas stammt daher tatsächlich aus echten Vanilleschoten, ein Grossteil des Bedarfs wird durch synthetisches Vanillin gedeckt. Zunehmend werden natürliche Vanillearomen auch durch Fermentation von pflanzlichem Material gewonnen. Japanische Forschende zeigen jetzt erstmals, wie mit Hilfe eines neu entwickelten Enzyms Vanillin in einem nachhaltigen Prozess in nur einem Schritt bei Raumtemperatur ohne weitere Zutaten aus Ferulasäure, einem Nebenprodukt der Reisproduktion, erzeugt werden kann. Das Forschungsteam verwendete ein Pilz-Enzym mit einer ursprünglich ganz anderen biochemischen Aktivität und passte dies mit Hilfe der Gentechnik durch den gezielten Austausch von drei einzelnen Aminosäure-Bausteinen so an, dass es jetzt Ferulasäure erkennt und effizient in Vanillin umwandelt. Der neu entwickelte Prozess könnte zur Grundlage einer nachhaltigen Vanillinproduktion aus nachwachsenden biologischen Rohstoffen werden, das Potenzial dazu wird zusammen mit einem Industriepartner ausgelotet. (mehr…)

Ernährung: Gesundheitsfördernde Muttermilch-Bestandteile aus Pflanzen

Muttermilch enthält eine einzigartige Kombination von Nähr- und Wirkstoffen. Dazu gehört auch eine Gruppe von verzweigten Zuckermolekülen, die HMOs (Humane Milch-Oligosaccharide). Diese dienen nützlichen Mikroorganismen in der Darmflora als Nahrung und tragen so zu Gesundheit und guter Entwicklung von Körper und Immunsystem bei. Aufgrund der gesundheitsfördernden Eigenschaften werden HMOs oft auch Säuglingsnahrungsprodukten zugegeben. Allerdings ist deren Herstellung aufwändig. Speziell angepasste Mikroben können in Bioreaktoren einige wenige der etwa 200 bekannten HMOs herstellen. Ein grosses Forschungsteam von der kalifornischen Berkeley-Universität zeigt jetzt, dass auch Pflanzen als effiziente Quelle von HMOs dienen können. Durch Einbau von verschiedenen Stoffwechselgenen in das Pflanzen-Erbgut konnte eine Vielfalt von HMOs erzeugt werden, mit einem potenziell breiteren Gesundheitsnutzen. Ökonomische Berechnungen zeigen, dass eine HMO-Produktion in Pflanzen wirtschaftlicher sein könnte als die bisherige Herstellung in Mikroben. (mehr…)

Vollständige PDF Druckversion Point «Aktuelle Biotechnologie» Juni 2024 (Nr. 264) mit Quellenangaben

Text und Redaktion: Jan Lucht, Leiter Biotechnologie (jan.lucht@scienceindustries.ch)