Publikationen - «Carte Blanche» Gastbeiträge
Michael Grass, Mitglied der Geschäftsleitung BAK Economics
Erfolgreich und ökologisch nachhaltig – ein Widerspruch?
06.12.2024
Vor 30 Jahren brachte das 3-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit eine visionäre Idee auf den Punkt: Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt müssen als Einheit gedacht werden, um die Zukunft nachfolgender Generationen zu sichern. Damals allerdings dominierte Skepsis – weite Teile der Wirtschaft sahen in ökologischen Massnahmen primär Wachstumsbremsen. Wie sieht es heute aus?
In den letzten Jahren hat sich eine Wende vollzogen: Unternehmen weltweit erkennen zunehmend, dass ökologisch nachhaltiges Wirtschaften nicht nur umweltpolitisch geboten ist, sondern langfristig auch handfeste ökonomische Vorteile bietet – sei es durch Ressourceneinsparungen oder die Sicherung von Märkten. Die Stakeholder, das heisst Investoren, Konsumenten, Kunden, Bürger und Behörden, fordern mittlerweile mit Nachdruck, dass Unternehmen Nachhaltigkeit als zentralen Bestandteil ihrer Strategien verankern.
Dabei haben die Firmen längst verstanden: Zwischen ökologischer Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit bestehen keine Zielkonflikte, sondern im Gegenteil Synergien. Unsere aktuelle Studie von BAK Economics im Auftrag von scienceindustries zeigt dies eindrucksvoll am Beispiel der chemisch-pharmazeutischen Industrie – zahlreiche Schweizer Chemie- und Pharmaunternehmen sind im globalen Branchenvergleich Pioniere: Sie investieren, relativ zu ihren Emissionen, deutlich mehr in Umwelttechnologien als ihre Mitwettbewerber im Ausland.
Investitionen in Umwelttechnologie: Chemie und Pharma als Vorreiter
Auch innerhalb der Schweizer Industrie ist die Chemie- und Pharmabranche Vorreiterin: Die Investitionen in Ressourceneffizienz, Defossilisierung, erneuerbare Energien und Kreislaufwirtschaft führten zwischen 2008 und 2021 zu einer beachtlichen Reduktion der Treibhausgasemissionen um 26%. Und das wohlgemerkt bei einer gleichzeitigen Steigerung der Wertschöpfung um 83%. Die Emissionen je Wertschöpfungsfranken sanken damit um 60%.
Neben den Investitionen in Umwelttechnologien trägt in der Schweiz auch die gestiegene Forschungsintensität zur Senkung der Emissionen bei. Der Umstand, dass man in den vergangenen 20 Jahren Teile der Produktion – und damit der Emissionen – ins Ausland verlagerte, hatte zugleich positive Auswirkungen: Schweizer Unternehmen haben ihre vergleichsweise hohen Umweltstandards auch in ihre ausländischen Standorte «exportiert».
Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand
Die Schweizer chemisch-pharmazeutische Industrie ist nicht nur Europas Vorreiterin in Sachen ökologischer Nachhaltigkeit, sondern auch Spitzenreiterin bei der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit. Weltweit verfügen lediglich die USA über eine höhere Wettbewerbsfähigkeit als Standort für Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie. In Daten lässt sich weder in der Schweiz noch international ein Zielkonflikt finden, ganz im Gegenteil: Wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und ökologische Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand.