Wirtschaftsverband Chemie Pharma Life Sciences

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Point «Aktuelle Biotechnologie» Oktober 2023 (Nr. 256)

  • Mit Genomeditierung gegen Vogelgrippe
  • Milchprodukte ohne Kühe
  • Geschmacksverbesserte Erbsen durch Genomeditierung
  • Nobelpreis für Grundlagen der RNA-Technologie

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31.10.2023

Gesundheit: Mit Genomeditierung gegen Vogelgrippe

Seit fast drei Jahrzehnten kommt es immer wieder zu weltweiten Ausbrüchen der Vogelgrippe. Diese führen nicht nur zu grossen Verlusten bei Wildbeständen, sondern auch bei Zuchtgeflügel. Zudem können die Viren auch auf andere Tierarten und auf den Menschen überspringen und dort zu Erkrankungen und Todesfällen führen. Es bestehen ernste Bedenken, dass Vogelgrippe-Viren nach Mutationen, welche eine Übertragung von Mensch zu Mensch begünstigen, eine verheerende globale Pandemie auslösen können. Es wird vermutet, dass neue, aggressivere Virenvarianten vor allem in Regionen mit intensiver Geflügelzucht, wie in Asien, entstehen. Um die Übertragungskette zu unterbrechen und so die Entstehung von neuen Varianten zu unterbinden, haben Forschende aus Grossbritannien jetzt mit Hilfe der Genomeditierung durch CRISPR/Cas9 die Resistenz von Hühnern gegen das Vogelgrippe-Virus deutlich gesteigert. Sie veränderten dazu ein Hühnergen, das für die Virus-Vermehrung erforderlich ist. Die genomeditierten Hühner waren deutlich weniger anfällig für Infektionen und gaben die Viren auch weniger wirksam weiter. Dies zeigt zwar das grosse Potenzial moderner Züchtungsverfahren für die Entwicklung von gripperesistentem Geflügel auf; allerdings war die hier beschriebene Resistenz nicht vollständig und könnte langfristig sogar die Entwicklung von problematischeren Virusvarianten ermöglichen. Basierend auf diesen Resultaten sollte daher die Züchtung vollständig resistenter Hühner und anderer Nutzvögel vorangetrieben werden.   (mehr…)

Lebensmittel: Milchprodukte ohne Kühe durch Präzisionsfermentation

Milchprodukte, wie Frischmilch, Käse, Jogurt und Quark, sind schmackhaft, gesund und ein wichtiger Bestandteil der Ernährung. Allerdings stellen nicht nur Veganer die Produktion von Milchprodukten durch Tiere zunehmend in Frage: Sie ist wenig effizient, weil nur ein Teil der Kalorien der Futtermittel in Nahrungsmittel-Kalorien umgewandelt wird. Auch belasten die Tiere durch ihren Flächenbedarf und ihre Emissionen die Umwelt. Und schliesslich sind Tierwohl und effiziente Produktion nicht einfach zu vereinen. Pflanzenbasierte Alternativen wie Hafermilch liegen daher im Trend, die Nachfrage steigt zunehmend. Allerdings ist es schwierig, nur mit pflanzlichen Rohstoffen cremig-schmelzenden Käse herzustellen. Für dessen Eigenschaften sind spezielle Milch-Eiweisse, wie z. B. das Kasein, erforderlich. Diese können durch Präzisionsfermentation mit Mikroorganismen aus pflanzenbasierten Rohstoffen erzeugt werden. Zahlreiche Unternehmen arbeiten an der Entwicklung entsprechender Produkte, die ersten sind bereits in einigen Ländern auf dem Markt. Auch die für die Säuglingsernährung wichtigen humanen Milch-Oligosaccharide können mit Hilfe von modifizierten Mikroorganismen durch Fermentation erzeugt werden. Weltweit sind insgesamt bereits etwa 50 Unternehmen auf dem Gebiet der Präzisions-Fermentation von tierfreien Milchbestandteilen aktiv, die Entwicklung wird durch eine grosse Nachfrage getrieben.   (mehr…)

Pflanzenzüchtung: Geschmacksverbesserte Erbsen durch Genomeditierung

Nicht alle mögen Erbsen. Das ausgeprägte Aroma, das zu vielen traditionellen Gerichten passt, stört aber auch bei der Verwendung von Erbsen als alternative Eiweissquelle. Biochemisch ist schon länger bekannt, wie die flüchtigen Substanzen entstehen, welche zum typischen Hülsenfrucht-Aroma beitragen. Sie werden durch Spaltung bestimmter Fettsäuren durch Stoffwechselenzyme erzeugt. Durch klassische Züchtung wäre es allerdings sehr zeitaufwändig, Erbsensorten mit reduziertem Geruch zu erzeugen. Seit der Entschlüsselung des Erbsen-Erbguts im Jahr 2019 sind allerdings die an der Geruchsentstehung beteiligten Gene bekannt. Einem kanadischen Forscherteam ist es jetzt gelungen, mit der Genschere CRISPR/Cas9 eines der beteiligten Gene, PsLOX2, in Erbsenpflanzen auszuschalten. Tatsächlich war in Mehl aus den genomeditierten Erbsen der Gehalt von zehn der insgesamt elf flüchtigen Geruchskomponenten, und dadurch das teilweise als unangenehm empfundene Erbsenaroma, deutlich reduziert. Durch die Genomeditierung lassen sich daher Geschmackeigenschaften von Erbsen schnell den Anforderungen anpassen. Auch andere Geschmackseigenschaften werden bereits so bearbeitet. Dadurch kann eine breitere Anwendung von Erbsen als alternative Proteinquelle in verschiedenen Produkten ermöglicht werden.   (mehr…)

Medizin: Nobelpreis für Grundlagen der mRNA-Technologie

mRNA-Impfstoffe haben einen entscheidenden Beitrag im Kampf gegen die Covid-19 Epidemie geleistet. In absoluter Rekordzeit konnte mit der neuartigen Technologie eine wirksame Immunisierung entwickelt werden, welche das Risiko einer gefährlichen Erkrankung deutlich reduzierte. Allerdings wäre dieser Durchbruch ohne wissenschaftliche Grundlagen, welche die Biochemikerin Katalin Karikó und der Immunologie Drew Weissman in jahrzehntelangen Arbeiten legten, nicht möglich gewesen. Am zweiten Oktober 2023 wurden die beiden Forschenden verdient mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Sie hatten herausgefunden, wie die Botensubstanz mRNA im Körper verwendet werden kann, um dort die Produktion gewünschter Eiweisse – zum Beispiel zur Immunisierung gegen Krankheitserreger – zu ermöglichen. Die Idee dazu gab es schon seit längerer Zeit, aber im Reagenzglas erzeugte mRNA-Moleküle lösten oft Entzündungsreaktionen im Körper aus. Durch eine chemische Veränderung gelang es Karikó und Weissman, künstlich produzierte mRNA so anzupassen, dass sie nicht mehr als fremd erkannt wird und so die gewünschte Wirkung entfalten kann. Die mRNA-Technologie ermöglicht nicht nur die Produktion von Impfstoffen gegen verschiedene Infektionen, auch für den Einsatz gegen Stoffwechselkrankheiten oder gegen Krebs gibt es ein grosses Potenzial, an dem intensiv geforscht wird.  (mehr…)

Vollständige PDF Druckversion Point «Aktuelle Biotechnologie» Oktober 2023 (Nr. 256) mit Quellenangaben

Text und Redaktion: Jan Lucht, Leiter Biotechnologie (jan.lucht@scienceindustries.ch)


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