Publikationen - Point-Newsletter
Point «Aktuelle Biotechnologie» Dezember 2022 (Nr. 246)
- Pflanzenzüchtung: Genschere CRISPR/Cas9 für besseren Salat
- Medizin: Erste Gentherapie gegen Blasenkrebs
- Industrielle Biotechnologie: Holz als nachhaltige Quelle für chemische Grundstoffe
- Biologische Nahrungs-Anreicherung: Ernte von «Golden Rice» auf den Philippinen
27.12.2022
Pflanzenzüchtung: Genschere CRISPR/Cas9 für besseren Salat
Frischer, knackiger Salat trägt zu einer guten Versorgung mit Nähr- und Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralien und damit zu einer gesunden Ernährung bei. Gartensalat ist das weltweit am dritt-häufigsten verzehrte Blattgemüse. Um die Eigenschaften der verfügbaren Salatsorten zu verbessern, werden weltweit zunehmend auch moderne Züchtungsverfahren wie die Genomeditierung eingesetzt, zum Beispiel mit Hilfe der Genschere CRISPR/Cas9. In verschiedenen Veröffentlichungen beschreiben Forschende Salatsorten mit deutlich besseren Erträgen oder einer besseren Keimfähigkeit bei steigenden Temperaturen durch den Klimawandel. Auch eine höhere Krankheitsresistenz ist ein Züchtungsziel. Natürlich kommen nützliche Eigenschaften für Konsumentinnen und Konsumenten nicht zu kurz: Auch an besserem Geschmack, Nährstoff- und Vitamingehalt, der Musterung der Blätter sowie einer längeren Haltbarkeit wird gearbeitet. Durch innovative Züchtungsverfahren lässt sich die Entwicklung verbesserter Sorten deutlich beschleunigen. In vielen Fällen unterscheiden sich genomeditierte Pflanzen nicht von klassisch gezüchteten Sorten. In den meisten Weltregionen gibt es daher – im Gegensatz zu Europa – keine restriktiven Auflagen für ihren Anbau und Verkauf. (mehr…)
Medizin: Erste Gentherapie gegen Blasenkrebs
Blasenkrebs ist weltweit die sechst-häufigste Krebserkrankung bei Männern, bei Frauen tritt er nur etwa halb so häufig auf. Solange der Tumor auf die innere Blasenschleimhaut beschränkt bleibt, kann er minimal-invasiv chirurgisch entfernt werden. Allerdings kommt es danach häufig zu Rückfällen. Um das Wiederauftreten der Krankheit zu verzögern, werden immunstimulierende Wirkstoffe direkt in der Blase verabreicht. Diese haben aber nur eine beschränkte Wirksamkeit. Schon seit längerer Zeit arbeiten Mediziner daher an alternativen Behandlungskonzepten. Als vielversprechender Ansatz zeichnet sich zunehmend die Gentherapie ab. Dabei wird die Erbinformation für das immunstimulierende Eiweiss Interferon in ein nicht vermehrungsfähiges Virus eingebaut. Werden diese Viren in die Blase eingeführt, veranlassen sie die Schleimhautzellen dort dazu, selber Interferon zu produzieren. In klinischen Versuchen konnten bei der Hälfte der Patienten die Anzeichen einer Krebserkrankung vollständig zurückgedrängt werden, für ein Viertel von ihnen für länger als ein Jahr. So kann wertvolle Zeit gewonnen werden. Die innovative Gentherapie hat jetzt in den USA die Zulassung erhalten. (mehr…)
Industrielle Biotechnologie: Holz als nachhaltige Quelle für chemische Grundstoffe
Nachwachsende Rohstoffe, wie zum Beispiel Holz, bieten grosse Chancen, um klimaschädliche, fossile Rohstoffe wie Erdöl in der chemischen Industrie zu ersetzen. Allerdings ist es nicht immer einfach, die gewünschten Produkte daraus herzustellen. So besteht Holz etwa zu einem Viertel aus Lignin, das schwer zu verarbeiten ist und daher oft verbrannt wird. Ein europäisches Forschungsprojekt zeigt jetzt, wie mit einem biotechnologischen Verfahren aus Lignin die Substanz Isoeugenol hergestellt werden kann. Diese kann zu Riechstoffen, Kunstharzen, Feinchemikalien, aber auch zu Vanillin weiterverarbeitet werden. Den Forschenden war es gelungen, ein Eiweiss aus Bakterien durch computerunterstützte genetische Veränderungen so als Stoffwechselwerkzeug anzupassen, dass die gewünschte chemische Umsetzung zur Produktion von Isoeugenol schnell und effizient abläuft. Die Technologie soll als Grundlage für die Holzverwertung in einer Bioraffinerie dienen. (mehr…)
Biologische Nahrungs-Anreicherung: Ernte von «Golden Rice» auf den Philippinen
Erstmals weltweit ist der durch biotechnologische Pflanzenzüchtung mit Provitamin-A-angereicherte «Golden Rice» im grossen Stil angebaut und geerntet worden. Im Frühjahr 2022 wurde die Reissorte mit Gesundheitsnutzen an 17 Standorten auf den Philippinen ausgesät. Im Oktober konnten jetzt 67 Tonnen der goldenen Körner geerntet werden. Im Jahr 2000 hatten Ingo Potrykus von der ETH Zürich und Peter Beyer von der Universität Freiburg im Breisgau mit ihren Teams nach langer Entwicklungszeit Reispflanzen vorgestellt, die durch den Einbau zusätzlicher Gene einen gesteigerten Gehalt an Provitamin A aufweisen. Damit sollte dem in Asien verbreiteten Vitamin-A-Mangel vorgebeugt werden, der zu massiven Gesundheitsproblemen bis hin zu Erblindung und frühem Tod führen kann. Der massive Widerstand von Umweltorganisationen gegen die Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen hatte dazu beigetragen, dass der «Golden Rice» erst jetzt, über 20 Jahre später, den Weg auf die Äcker der betroffenen Kleinbauern fand. (mehr…)
Text und Redaktion: Jan Lucht, Leiter Biotechnologie (jan.lucht@scienceindustries.ch)