Wirtschaftsverband Chemie Pharma Life Sciences

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Point «Aktuelle Biotechnologie» Juli 2024 (Nr. 265)

  • Stress- und krankheitsresistentere Kartoffeln mit CRISPR/Cas9
  • Massgeschneiderte Anpassung des Mikrobioms
  • Breite Anwendungen für genetische Veränderungen
  • Grössere Weizenkörner, aber nicht mehr Ertrag

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31.07.2024

Neue Züchtungsverfahren: Stress- und krankheitsresistentere Kartoffeln mit CRISPR/Cas9

Viele Kartoffelbauern sind nahe der Verzweiflung. Nach mehreren Jahren mit extremen Witterungsbedingungen und Hitze führten die ausgedehnten Niederschläge in diesem Jahr zu einer explosionsartigen Ausbreitung der Kraut- und Knollenfäule. Zahlreiche Landwirte mussten schwer befallene Felder aufgeben und unterpflügen. Einen Hoffnungsschimmer könnten neue Züchtungsverfahren darstellen, mit denen sich bewährte Sorten mit einer verbesserten Stress- und Krankheitsresistenz ausstatten lassen und damit auch widerstandsfähiger gegen den Klimawandel gemacht werden können. So berichtet ein schwedisch-dänisches Forschungsteam jetzt, dass die gezielte Ausschaltung des neu identifizierten Parakletos-Gens in Kartoffeln mit der Genschere CRISPR/Cas9 die Resistenz gegen den Erreger der Kraut- und Knollenfäule in Feldversuchen deutlich verbesserte. Ohne Einsatz von spezifischen Fungiziden konnten die Erträge so um 20 Prozent gesteigert werden. Zugleich waren die Pflanzen auch resistenter gegen Alternaria-Pilze, sowie gegen Salz- und Dürrestress. Offenbar gibt es einen Zusammenhang der Abwehrkräfte gegen unterschiedliche Stressfaktoren. Diesen wollen sich die Forschenden für die Züchtung verbesserter Kartoffelsorten zunutze machen. In der EU werden aktuell vereinfachte Zulassungsregeln für genomeditierte Pflanzen vorbereitet, deren Veränderungen auch in der Natur entstehen könnten. In der Schweiz stehen konkrete Regulierungsvorschlage dazu immer noch aus. (mehr…)

Gesundheit: Massgeschneiderte Anpassung des Mikrobioms

Der Mensch lebt in enger Gemeinschaft mit Milliarden von verschiedensten Bakterien, Pilzen und Viren. Diese bilden zusammengenommen das Mikrobiom. Weniger als die Hälfte der Zellen unseres Körpers sind menschliche Zellen. Mehr als 99 Prozent der genetischen Information im menschlichen Körper werden durch das Mikrobiom beigetragen. In den letzten Jahren wird immer deutlicher, dass das Mikrobiom eine grosse Rolle für unser Wohlergehen spielt, so für ein gesundes Verdauungssystem, für die Abwehr von Erkrankungen und auch für die geistige Gesundheit. Allerdings ist es nicht einfach, das Mikrobiom bei Störungen wieder ins Gleichgewicht zu bringen, weil diese Gemeinschaft so eng untereinander vernetzt ist. Forschende eines französischen Biotech-Unternehmens ist es jetzt gelungen, erstmals einzelne Bakterienarten an Ort und Stelle im Darm von Versuchsmäusen genetisch zu verändern, um unerwünschte Eigenschaften auszuschalten. Sie schleusten mittels speziell konstruierter Viren als Genfähren in Darmbakterien die Erbinformation für Eiweisse ein, die gezielt einzelne Buchstaben des genetischen Codes verändern können. So konnte ein krankmachendes Gen in einem Grossteil der anvisierten Bakterien inaktiviert werden. Die Forschenden zeigen, dass sie gezielt verschiedene genetische Änderungen in verschiedenen Bakterienarten durchführen können. Ihr Ziel ist es, in naher Zukunft die menschliche Gesundheit durch gezielte Anpassungen des Mikrobioms zu verbessern. (mehr…)

Neue Technologien: Breite Anwendungen für genetische Veränderungen

Neue Technologien zur gezielten Veränderung des Erbguts, wie die Genschere CRISPR/Cas9, haben die Grundlagenforschung revolutioniert. Aber auch praktische Anwendungen nehmen laufend zu – nicht nur in geschlossenen Systemen, wo genetisch veränderte Mikroorganismen (GMM) Medikamente und wertvolle Substanzen erzeugen, sondern auch in der Umwelt. Während gentechnisch veränderte oder genomeditierte Pflanzen breit diskutiert werden und in Europa innovationsfreundliche Regulierungsansätze für Produkte neuer Züchtungsverfahren entwickelt werden, sind andere Anwendungsgebiete in der Öffentlichkeit erst wenig bekannt. Neue Studien geben hier einen Überblick. Für eine Anwendung in der Umwelt oder für Lebens- und Futtermittel werden aktuell 35 mit neuen Verfahren erzeugte GMM beschrieben, zum Grossteil Hefen oder Bakterien. Acht davon werden bereits ausserhalb Europas vermarktet. Sie dienen zum Beispiel zur Geschmacksverbesserung fermentierter Produkte wie Bier, zur besseren Nährstoffversorgung von Pflanzen und zur besseren Futterverwertung von Tieren. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA kann keine neuartigen Gefahren dieser Organismen erkennen, empfiehlt aber einige Ergänzungen der Richtlinien und einen ganzheitlichen Ansatz zur Risikobewertung aufgrund der Eigenschaften der Organismen, unabhängig von der Herstellungsmethode. Auch für Landtiere, Fische und Mikroalgen sind marktrelevante Anwendungen der Genomeditierung bekannt. (mehr…)

Freilandversuche Schweiz: Grössere Weizenkörner, aber nicht mehr Ertrag

Weizen trägt fast zur Hälfte zur globalen Versorgung mit Nahrungsgetreide bei. Die Ertragssteigerungen durch bessere Anbaumethoden und produktivere Sorten halten aber schon länger nicht mehr mit der zunehmenden Nachfrage der wachsenden Erdbevölkerung mit. Daher kommen als Alternative zur herkömmlichen, langwierigen Kreuzungszüchtung auch biotechnologische Verfahren zum Einsatz. Mögliche Ansatzpunkte für höhere Weizenerträge sind grössere Körner oder mehr Körner pro Pflanze. Ein Forschungsteam aus Deutschland und der Schweiz wählte den ersten Weg, und baute das Gen für einen bevorzugt in den Körnern produzierten Zuckertransporter aus der Gerste in Weizenpflanzen ein. Das führte im Treibhaus tatsächlich zu grösseren Körnern und einem höheren Ertrag. Um solche Beobachtungen aber unter Praxisbedingungen zu bestätigen, sind Feldversuche unerlässlich. Drei Jahre lang (2017 – 19) wurden die transgenen Weizenpflanzen auf der Agroscope Forschungsstation Reckenholz bei Zürich auf einem Versuchsfeld im Freiland angebaut. Die jetzt vorgestellten Resultate zeigen: tatsächlich nahm das Gewicht der einzelnen Weizenkörner um 3 – 8 Prozent zu, und auch der Gehalt der wichtigen Mikronährstoffe Eisen und Zink nahm zu. Allerdings sank der Körnerertrag pro Pflanze um 4 – 12 Prozent. Unter dem Strich resultierten auf dem Feld mit diesem Ansatz daher keine höheren Erträge, obwohl eine wichtige Komponente des Ertrags verbessert wurde. Die wichtige Erkenntnis daraus:  in weitergehenden Versuchen sollte auch die Stabilisierung oder Steigerung der Körnerzahl angestrebt werden. (mehr…)

Vollständige PDF Druckversion Point «Aktuelle Biotechnologie» Juli 2024 (Nr. 265) mit Quellenangaben

Text und Redaktion: Jan Lucht, Leiter Biotechnologie (jan.lucht@scienceindustries.ch)


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