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Point «Aktuelle Biotechnologie» Juli 2025 (Nr. 277)

  • Nanoantikörper gegen tödliche Nipahviren
  • Optimierung von Mikroorganismen als Biofabriken 
  • Gesünderes Gemüse mit CRISPR/Cas9
  • Kritik an Vorschlag für Züchtungstechnologiengesetz

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31.07.2025

Medizin: Nanoantikörper gegen tödliche Nipahviren

Das Nipahvirus kommt in Süd- und Südostasien vor und verursacht beim Menschen eine schwere, in den meisten Fällen tödliche Hirnentzündung. Es wird durch grosse Fledermäuse übertragen, die mit ihren Ausscheidungen Nahrungsmittel verunreinigen. Es gibt weder eine zugelassene Impfung noch eine Behandlung. Da die Krankheit das Potenzial hat, sich auf breite Bevölkerungskreise auszubreiten, steht sie auf der Prioritätsliste der der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Ein internationales Forschungsteam beschreibt jetzt einen neuartigen Behandlungsansatz, der auch vorbeugend eingesetzt werden kann: Nanoantikörper, die das Verschmelzen des Virus mit menschlichen Zellen blockieren. Nanoantikörper kommen von Natur aus nur in Tieren der Kamelfamilie vor. Sie sind nur etwa ein Zehntel so gross wie normale Antikörper und können daher wirksamer an zerklüftete Strukturen binden. Ausserdem lassen sie sich einfacher produzieren, sind stabiler und länger lagerfähig.
 
Aus einem immunisierten Alpaka namens Pedro konnten die Forschenden den Nanoantikörper DS90 isolieren und gentechnisch produzieren. In Versuchen mit Hamstern verhinderte eine vorbeugende Antikörpergabe eine Erkrankung nach Infektion mit einer normalerweise tödlichen Virendosis zuverlässig, eine Behandlung nach der Infektion halbierte die Zahl der Erkrankungen. Zusammen mit neuen Nipah-Impfstoffen, die gegenwärtig in der klinischen Erprobung sind, könnten so bald Werkzeuge für Vorbeugung und Behandlung der lebensbedrohlichen Krankheit zur Verfügung stehen.   (mehr…

Genomeditierung: Optimierung von Mikroorganismen als Biofabriken

Bakterien und Hefen werden schon sehr lange als biologische Werkzeuge in der Lebensmittelproduktion eingesetzt, zum Beispiel bei der Herstellung von Wein, Bier und Joghurt, der Haltbarmachung von Fleischprodukten oder als Triebmittel für das Aufgehen von Brot und Gebäck. Auch Substanzen wie zum Beispiel Essig und Essigsäure können durch Fermentation erzeugt werden.

Durch genetische Anpassungen der Mikroorganismen kann ihre grosse Stoffwechselvielfalt ausgenutzt werden, um ein breites Spektrum von nützlichen Stoffen und Chemikalien zu erzeugen. Die Genschere CRISPR/Cas9 kann dabei verwendet werden, um den Stoffwechsel in gewünschte Richtungen zu leiten, und so die Produktion von Basischemikalien wie Milchsäure, 1,4-Butandiol und Isobutanol oder von Bio-Treibstoffen in Bakterien zu optimieren. Auch verschiedene Hefestämme können für die nachhaltige Produktion hochwertiger Fermentationsprodukte massgeschneidert werden. Die Genomeditierung kann nicht nur verwendet werden, um die Produktion gewünschter Substanzen zu steuern, sondern auch um die Mikroorganismen unempfindlicher dagegen zu machen, damit hohe Konzentrationen an Produkten erreicht werden können. 

Um den Nutzen von Mikroorganismen als Biofabriken ausschöpfen zu können, fordern Forschende und Industrieverbände Anpassungen der veralteten gesetzlichen Vorschriften für genetisch veränderte Organismen. Mikroorganismen sollten dabei anhand ihrer tatsächlichen Eigenschaften differenziert und risikobasiert reguliert werden, nicht pauschal aufgrund ihres Herstellungsverfahrens.   (mehr…)   

Konsumentennutzen: Gesünderes Gemüse mit CRISPR/Cas9

Neue Züchtungsverfahren, wie die Genomeditierung mit der Genschere CRISPR/Cas9, ermöglichen die schnelle Entwicklung verbesserter Pflanzensorten. Davon können auch Konsumentinnen und Konsumenten profitieren. Forschende aus Indien zeigen jetzt, wie der Gehalt von gesundheitsförderndem Glucoraphanin in Gemüse gesteigert werden kann. Dieser bioaktive Naturstoff hat verschiedene pharmakologische Wirkungen, er ist antimikrobiell, entzündungshemmend und antioxidativ, und könnte auch eine vorbeugende Wirkung gegen die Krebsentstehung haben.

Glucoraphanin kommt in grösseren Mengen nur in Brokkoli vor. Allerdings ist die Aufnahme über die normale Ernährung zu niedrig, um deutlich messbare Wirkungen zu entfalten. Indischer Senf (Brassica juncea) kann als Blattgemüse verzehrt werden. Er enthält allerdings von Natur aus nur Spuren von Glucoraphanin, da die Substanz im Stoffwechsel schnell durch eine Gruppe miteinander verwandter Enzyme abgebaut wird. Den Forschern gelang es, fünf der daran beteiligten Gene zugleich mit Hilfe von CRISPR/Cas9 auszuschalten. 

In den so erzeugten genomeditierten Senfpflanzen war der Glucoraphanin-Gehalt zehn- bis hundertfach erhöht, und drei Mal höher im Vergleich zu Brokkoli. Wachstum, Ertrag oder sonstige Anbaueigenschaften wurden durch die genetische Veränderung nicht beeinträchtigt. Die Forscher gehen davon aus, dass der von ihnen entwickelte, genomeditierte Indische Senf zu einer neuen Generation von «Superfood» mit chemopräventiven und gesundheitsfördernden Eigenschaften werden könnte.  (mehr…)  

Neue Pflanzenzüchtungsverfahren: Kritik an Vorschlag für Züchtungstechnologiengesetz

Am 9. Juli 2025 endete die öffentliche Vernehmlassung zum Entwurf für ein Schweizer Spezialgesetz für neue Verfahren der Pflanzenzüchtung. Der Bundesrat hatte bei seiner Ankündigung auf die Chancen der neuen Züchtungsverfahren für eine nachhaltigere und klimaresilientere Landwirtschaft hingewiesen. Tatsächlich übernahm der Vorschlag jedoch weitgehend die veralteten Bestimmungen des Gentechnik-Rechtes, und würde damit einen praktischen Einsatz neuer Züchtungsverfahren und ihrer Produkte in der Schweiz massiv erschweren oder ganz verhindern.

Zu der Gesetzesvorlage wurden zahlreiche kritische Stellungnahmen eingereicht, aus sehr unterschiedlichen Motiven. Technologieskeptischen Kreisen gingen die Bestimmungen nicht weit genug. Sie forderten noch strengere Auflagen, und bemängelten die Regulierung ausserhalb des Gentechnik-Gesetzes. Auf der anderen Seite wiesen Vertreter der Schweizer Lebensmittel-Wertschöpfungskette, von der Züchtung über landwirtschaftliche Organisationen bis hin zum Detailhandel, die Vorlage als zu restriktiv und nicht praxistauglich zurück.

scienceindustries lehnt den Gesetzentwurf entschieden ab, da er Handelsbarrieren errichtet und einem faktischen Anwendungsverbot für die neuen Züchtungsverfahren gleichkommt. Um die Chancen neuer Züchtungstechnologien auch in der Schweiz nutzen zu können, fordert scienceindustries eine vollständige Revision, die sich am internationalen Stand von Wissenschaft und Regulierung orientiert. Im Frühjahr 2026 soll das Parlament über die Vorlage beraten.   (mehr…

Vollständige PDF Version Point «Aktuelle Biotechnologie» Juli 2025 (Nr. 277) mit Quellenangaben

Text und Redaktion: Jan Lucht, Leiter Biotechnologie (jan.lucht@scienceindustries.ch)


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