Publikationen - Point-Newsletter
Point «Aktuelle Biotechnologie» Juni 2025 (Nr. 276)
- Biotechnologische Produktion von Krebsmedikament Taxol
- Genomeditierte Tomaten für die vertikale Landwirtschaft
- CAR-T gegen Magen- und Speiseröhrenkrebs
- Giftiges Kohlenmonoxid als Antrieb für bakterielle Biofabriken
30.06.2025
Medizin: Biotechnologische Produktion von Krebsmedikament Taxol
Taxol ist eines der weltweit wichtigsten Krebsmedikamente. Der Wirkstoff wurde in der Rinde von pazifischen Eibenbäumen entdeckt, und später für die Krebstherapie zugelassen. Trotz seiner hervorragenden Wirkung war seine begrenzte Verfügbarkeit ein Problem. Für eine Behandlung mussten zwei der seltenen und langsam wachsenden Bäume gefällt werden – ein nicht nachhaltiger Ansatz. Eine chemische Synthese ist zwar möglich, aber sehr kompliziert. Aktuell wird der Wirkstoff entweder aus gezüchteten Eibenzellen gewonnen oder durch eine chemische Umwandlung einer Vorläufersubstanz aus Eibennadeln. Beide Prozesse sind aufwändig und daher teuer, Taxol gehört daher zu den hochpreisigsten Pharma-Wirkstoffen.
Aktuelle Forschungsresultate aus den USA und aus Dänemark eröffnen die Chance, dass Taxol schon bald biotechnologisch hergestellt werden kann. Bisher klafften zwei entscheidende Lücken im Verständnis der Biosynthese des hochkomplexen Moleküls. Durch komplementäre Ansätze gelang es den beiden Forschungsteams jetzt, sämtliche noch fehlende Eibengene zu identifizieren, die für den von über 20 Pflanzengenen kodierten Stoffwechselweg erforderlich sind. Durch Einbau der Gene in Tabakpflanzen konnte die Taxol-Biosynthese nachgebildet werden.
Jetzt arbeiten die Forschenden daran, sämtliche erforderlichen Gene in Hefe einzufügen, um diese als Produktionsorganismus für Taxol einzusetzen. Das eröffnet die Chance für eine einfache und nachhaltige biotechnologische Produktion, zu einem deutlich günstigeren Preis. Davon würden auch Patienten in weniger wohlhabenden Ländern profitieren, deren Zugang zu teuren Krebstherapien eingeschränkt ist. (mehr…)
Neue Pflanzenzüchtungsverfahren: Genomeditierte Tomaten für die vertikale Landwirtschaft
Wie kann man effizient auf möglichst kleinem Raum möglichst viele Lebensmittel produzieren? Ein Ansatz dazu ist die vertikale Landwirtschaft, bei der Hochhäuser in Städten als Treibhäuser eingesetzt werden. Das ermöglicht die lokale Produktion in unmittelbarer Nähe der Konsumenten und schützt vor wetterbedingten Ernteausfällen. Die Anwendung der vertikalen Landwirtschaft wird aber durch die eingeschränkte Verfügbarkeit von Nutzpflanzen begrenzt, die für die Produktion auf kleinstem Raum geeignet sind. Bisher wird sie vor allem für Blattgemüse und Salate eingesetzt.
Ein chinesisches Forschungsteam zeigt jetzt, wie Tomaten mit Hilfe der Genschere CRISPR/Cas9 fit für die vertikale Landwirtschaft gemacht werden können. Sie setzten dabei auf eine bekannte genetische Veränderung, die das Längenwachstum von Pflanzen beschränkt und bei Getreide in der klassischen Züchtung grosse Ertragssteigerungen bewirkt. Sie führten diese Veränderung durch Genomeditierung in das Tomatenerbgut ein und kombinierten sie mit zwei weiteren gezielten Mutationen, die einen kompakten Wuchs und kürzere Generationszeiten ermöglichten.
Die so erzeugten neuen Tomatensorten wuchsen als kleine Büsche und konnten so sehr eng aufeinander gepflanzt werden, um den vorhandenen Raum optimal zu nutzen. Zudem benötigten sie weniger Zeit bis zur Ernte. So konnte der Platzbedarf der Pflanzen um 85 Prozent reduziert werden, bei einer gleichzeitigen Ertragssteigerung um 180 Prozent. Das ermöglicht eine maximale Ausnutzung der Ressourcen und auch Einsparungen an Arbeitszeit. Das könnte einen Beitrag dazu leisten, die vertikale Produktion als ein Element der Landwirtschaft der Zukunft auszubauen. (mehr…)
Zelltherapie: CAR-T gegen Magen- und Speiseröhrenkrebs
Magen- und Speiseröhrenkrebs ist die weltweit fünfthäufigste Krebserkrankung. Während bei frühzeitiger Entdeckung und Behandlung die Aussichten günstig sind, ist die Behandlung weit fortgeschrittener Fälle schwierig. Eine grosse klinische Studie aus China zeigt jetzt erstmals, dass eine Behandlung mit CAR-T Zellen («chimeric antigen-receptor T-cells») erfolgversprechend sein könnte. Die CAR-T Therapie ist sehr erfolgreich bei der Behandlung bestimmter Arten von Blutkrebs, konnte bisher bei soliden Tumoren aber nur eine beschränkte Wirkung zeigen.
CAR-T Zellen sind körpereigene T-Zellen, die im Labor gentechnisch umprogrammiert werden, um nach Rückführung in den Körper Tumorzellen zu erkennen und zu bekämpfen. Für diese Studie wurden die Zellen so verändert, dass sie das Eiweiss CLDN18.2 erkennen, das sich häufig vermehrt auf der Oberfläche von Krebszellen findet. Die Teilnehmer an der Studie hatten bereits mehrere erfolglose Krebsbehandlungen mit anderen Methoden hinter sich. Es zeigte sich, dass die CAR-T Behandlung bei etwa einem Drittel der Behandelten anschlug, während das bei der Standardbehandlung nur bei 4 Prozent der Fall war. Die Empfänger der CAR-T Zellen lebten durchschnittlich 2.4 Monate länger als die mit herkömmlichen Verfahren Behandelten, ihr Sterberisiko während des Versuchszeitraums war um 31 Prozent reduziert.
Da die Krebserkrankung bei den Studienteilnehmenden bereits sehr weit fortgeschritten war, sind das vielversprechende Zahlen. Sie sind auch daher ein Durchbruch, weil diese Studie erstmals bei einer grösseren klinischen Studie eine Wirksamkeit von CAR-T Zellen für die Behandlung auch für solide Tumore belegt. Mediziner arbeiten intensiv daran, die wirksame Zelltherapie auf weitere Krebsarten auszudehnen. (mehr…)
Industrielle Biotechnologie: Giftiges Kohlenmonoxid als Antrieb für bakterielle Biofabriken
Biomasse, zum Beispiel Rückstände aus der Landwirtschaft, kann als Rohstoff zur Produktion von chemischen Grundstoffen eingesetzt werden und so zu einer klimaneutralen Alternative zu Erdöl werden. Die Biomasse kann durch hohe Temperaturen zu Syngas umgewandelt werden, aus dem dann Bakterien Basischemikalien für die chemische Industrie erzeugen.
Eine besonders effiziente Bakterienart dafür ist Thermoanaerobacter kivui. Während die Mikroben Wasserstoff und Kohlendioxid schnell zu organischen Chemikalien verarbeiten können, werden sie durch das im Syngas vorhandene giftige Kohlenmonoxyd in ihrem Wachstum gehemmt. Forschenden der Technischen Universität Wien ist es jetzt gelungen, T. kivui durch langsame Steigerung der Kohlenmonoxidkonzentration in der Nährbrühe über 31 Generationen an das giftige Gas zu gewöhnen. Zum Schluss konnten die Bakterien nur mit Kohlenmonoxid als Energie- und Kohlenstoffquelle gedeihen.
Eine genetische Analyse zeigte, dass eine spontane Umlagerung des vorhandenen bakteriellen Erbmaterials Ursache der Anpassung war. Die Forschenden konnten diese Mutation mit Hilfe eines von ihnen entwickelten neuen Verfahren zur Genomeditierung bei T. kivui innerhalb von nur 12 Tagen gezielt im Labor replizieren, und auch andere Eigenschaften der Mikroben anpassen. Das eröffnet die Möglichkeit, T. kivui als effizientes Arbeitstier zur Umwandlung von Biomasse und Syngas in höherwertige chemische Baustoffe einzusetzen. (mehr…)
Vollständige PDF Druckversion Point «Aktuelle Biotechnologie» Juni 2025 (Nr. 276) mit Quellenangaben
Text und Redaktion: Jan Lucht, Leiter Biotechnologie (jan.lucht@scienceindustries.ch)

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