Dossiers - Antibiotikaresistenzen
Aktionsplan: One-Health-Ansatz der Bekämpfung der Antibiotikaresistenz
16.09.2024
Der Umgang mit Antibiotika hat sich seit der Einführung der Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) verbessert und der Antibiotikaverbrauch in der Schweiz konnte reduziert werden. Jedoch ist weltweit immer noch eine steigende Krankheitslast durch resistente Erreger zu beobachten. Um diese globale Herausforderung anzugehen, braucht es neue zukunftsorientierte und nachhaltige Strategieansätze.
Mitte Juni 2023 fand ein von den Bundesämtern für Gesundheit (BAG), Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), Landwirtschaft (BLW) und Umwelt (BAFU) organisierter Workshop zusammen mit Vertretungen aus Medizin, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik statt, um mögliche Ansätze zu diskutieren. Ziel des Workshops war es, Strategien und mögliche Massnahmen in den verschiedenen Handlungsfeldern für den One-Health-Aktionsplan 2024-27 zu entwickeln.
One-Health-Ansatz als zentraler Punkt
Der One-Health-Ansatz hat sich aus dem Umstand entwickelt, dass die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt eng miteinander verbunden sind. So werden einige Infektionskrankheiten von Tieren auf den Mensch übertragen, zum Beispiel Malaria durch Mücken oder Borreliose durch Zecken. Auch die Antibiotikaresistenzen entstehen in dieser Wechselwirkung, weshalb dabei sowohl Mensch, Tier als auch Umwelt eine Rolle spielen. Hier setzt der One-Health-Ansatz in der StAR an. Obwohl jeder Teilbereich von Mensch, Tier und Umwelt seine eigenen spezifischen Herausforderungen aufweist und eigene Massnahmen definiert, macht der interdisziplinäre Austausch die Zusammenhänge zwischen der Human- und Veterinärmedizin, der Landwirtschaft sowie der Umwelt sichtbar.
Eine Herausforderung auf globaler Ebene
Jährlich sterben schätzungsweise weltweit ca. 1.3 Millionen Menschen an multiresistenten Erregern. Die Resistenzbildung entsteht durch den übermässigen Gebrauch von Antibiotika: Denn jedes Mal, wenn Antibiotika eingesetzt werden, können resistente Bakterien überleben und gar von der Beseitigung der anfälligen Bakterien profitieren, womit sie sich dann weiter ausbreiten. Je häufiger Antibiotika zur Anwendung gelangen, umso höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass ein Organismus zusehends resistente Bakterien gegen den eingesetzten Wirkstoff entwickelt. Durch die Zunahme von internationalen Reisen und Handel über die ganze Welt verbreiten sich die resistenten Keime zudem heute schneller und einfacher.
Hier setzt die StAR an: Da Antibiotika sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin zur Behandlung eingesetzt werden, muss die Problematik der Resistenzen bereichsübergreifend angegangen werden. StAR legt für die Humanmedizin, Tiermedizin, Landwirtschaft und Umwelt übergreifende Ziele fest und beschreibt Massnahmen. Der Aktionsplan 2024-27 soll nun die Schwerpunkte für die nächsten Jahre setzen und die verschiedenen Kräfte zusammenfügen.
Zukunftsaussichten
Am einberufenen Workshop legte scienceindustries die bereits getätigten Anstrengungen sowohl der Humanarzneimittel- wie auch der Tierarzneimittelindustrie in dieser Sache dar und umriss die Herausforderungen in der Förderung der Entwicklung neuartiger sowie der Produktion bestehender Antibiotika. Dabei wurde u.a. darauf hingewiesen, dass bspw. durch das Informationssystem Antibiotika in der Veterinärmedizin (IS ABV) bereits grosse Fortschritte im Sinne einer Reduktion der Abgabe von Antibiotika im Veterinärbereich erzielt werden konnten. Dabei sank die Anzahl Antibiotikabehandlungen sowohl bei den Nutz- als auch bei den Heimtieren beträchtlich. Indes müssten dringend finanzielle Anreize geschaffen werden, um zum einen die Versorgungssicherheit mit bewährten Antibiotika weiterhin zu gewährleisten und zum andern die Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika voranzutreiben. Zudem müssten global ausgerichtete Vergütungsmodelle für neue Reserve-Antibiotika ausgearbeitet werden, um damit genügend Ertrag durch Vermarktung erzielen zu können. Diese Problematik wird auch vom BAG anerkennt.[1]
Die Inputs aus den Gruppendiskussionen im Workshop werden in einem nächsten Schritt von den involvierten Bundesämtern evaluiert und fliessen anschliessend in die endgültige Fassung des Aktionsplans ein. Es wird erwartet, dass der Bundesrat diesen voraussichtlich im Frühjahr 2024 verabschieden wird. scienceindustries hat sich stets für konstruktive Lösungen im Kampf gegen die Antibiotikaresistenz ausgesprochen und eingesetzt. Wir sind zuversichtlich, dass der angekündigte Aktionsplan Augenmass bewahren und allseits akzeptierte Massnahmen vorschlagen wird, denn die weiteren Schritte auf diesem Weg wird man nur gemeinsam unter Einbezug aller Akteure gehen können.
[1] BAG-Bericht Arzneimittelversorgungsengpässe vom 01.02.2022