Dossiers - Zollpolitik und Freihandel
Übersicht und Position zum Freihandel und internationaler Marktzugang
Die chemisch-pharmazeutische Industrie ist das Zugpferd der Schweizer Exportwirtschaft. Ihre Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit hängen entscheidend von einem offenen, globalen Marktzugang ab. Dieser wird durch verschiedene Instrumente wie multi- und plurilaterale Abkommen, Freihandelsverträge sowie bilaterale Vereinbarungen gesichert.
28.02.2025
Der Erfolg der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Industrie basiert in hohem Masse auf der weltweiten Vermarktung ihrer innovativen Produkte. Rund 90 Prozent ihrer Produkte werden exportiert; bei vielen Unternehmen gar über 98 Prozent. Die chemisch-pharmazeutische Industrie trägt über 50 Prozent zum Schweizer Gesamtexport bei und ist als grösste Exportindustrie der Schweiz deshalb weltweit auf den Marktzugang, auf den starken und durchsetzbaren Schutz des geistigen Eigentums sowie auf den wirksamen Schutz von Direktinvestitionen angewiesen. Die Mitgliedsunternehmen von scienceindustries verfügen über global ausgerichtete Lieferketten und unterhalten weltweit Produktions- und Forschungsstandorte, die eng miteinander vernetzt sind.
Aufgrund dieser Ausgangslage steht scienceindustries für einen weltweiten, hindernisfreien Marktzugang ein. Der möglichst ungehinderte Zugang zu ausländischen Märkten ermöglicht der Industrie die Nutzung ihres Innovationsvorsprungs und der kostensenkenden Skaleneffekte in der Produktion am Standort Schweiz. Soweit Produkte beim Grenzübertritt regulatorische Anforderungen erfüllen müssen, sollen diese entweder international harmonisiert oder gegenseitig anerkannt werden. Der Marktzugang soll rechtlich abgesichert und im Vergleich zu Mitbewerbern aus Drittstaaten besser oder zumindest diskriminierungsfrei sein.
Instrumente zur Erreichung eines weltweiten, hindernisfreien Marktzugangs
Der Aussenwirtschaft stehen diverse Instrumente zur Verfügung, um einen weltweiten Marktzugang für Schweizer Unternehmen zu erreichen: Multi- und plurilaterale Abkommen im Rahmen der WTO, umfassende Freihandelsabkommen oder bilaterale, sektorielle Abkommen. scienceindustries spricht sich mit Präferenz für den Einsatz multilateraler Instrumente aus. Bilaterale Verhandlungen sind einzusetzen, um eine gegenseitige und über die multilaterale Einigung hinausgehende Verbesserung des Marktzugangs sowie des Schutzes der Rechte am geistigen Eigentum zu erreichen. Die bilateralen Instrumente können die multilateralen Verhandlungen nicht ersetzen, da ihr Geltungsbereich konzeptionell durch Ursprungsregeln festgelegt wird, deren Einhaltung und Kontrolle erhebliche administrative Kosten verursachen. Bilaterale Instrumente sind folglich nicht substituierend, sondern komplementär zu multilateralen Mechanismen zu sehen.
scienceindustries unterstützt die Bemühungen der schweizerischen Behörden zur Schaffung eines Netzes von Freihandelsabkommen (FHA) – innerhalb des EFTA-Verbundes oder bilateral als Schweiz. Für jedes einzelne FHA sollen die Verfahren zur Ursprungsbestimmung und Ursprungskontrolle möglichst einfach und vereinheitlicht sein. Das Schutzniveau beim geistigen Eigentum soll dem schweizerischen Standard entsprechen. Die konkreten Forderungen der Industrie sind im Positionspapier "Free Trade Agreements (FTA): Objectives of scienceindustries" festgehalten.
Freihandelsabkommen: Qualität der Abkommen wichtig
Die Schweiz verfügt - neben der EFTA-Konvention und dem Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union (EU) - gegenwärtig über ein Netz von 33 Freihandelsabkommen mit 43 Partnern. Die Abkommen werden normalerweise im Rahmen der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) abgeschlossen. Dennoch hat die Schweiz die Möglichkeit, Freihandelsabkommen auch ausserhalb der EFTA abzuschliessen, wie dies bei Japan oder China der Fall war. Die in Kraft getretenen Freihandelsabkommen decken rund 71 Prozent der Exporte ab. Diese beiden Abkommen eröffnen Schweizer Unternehmen zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten.
Besonders bedeutend sind die Abkommen mit der Europäischen Union (EU) und der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), die den Handel erleichtern und Zölle abbauen. In der Prioritätenliste für neue Abkommen stehen die USA, Australien und die Mercosur-Staaten im Fokus. Mit Indien konnten die Verhandlungen bereits abgeschlossen, mit den Mercosur-Staaten wird eine baldige Lösung der noch offenen Punkte erwartet.
scienceindustries setzt sich für die Fortführung und den Ausbau von umfassenden Freihandelsabkommen ein. Dabei gilt es, die Qualität der Abkommen vor der Geschwindigkeit des Abschlusses zu priorisieren. Um die abgeschlossenen Abkommen auch ihrer Nutzung zuzuführen, müssen ein umfassender Marktzugang, moderne und einfach anzuwendende Ursprungsregeln sowie der Schutz des geistigen Eigentums gewährleistet sein. In Kraft getretene Abkommen der früheren Generationen müssen den heutigen Gegebenheiten angepasst und modernisiert werden, um deren Bedeutung aufrecht zu halten.
EFTA-Mercosur: aktueller Stand und Bedeutung für unsere Mitglieder
Die Mercosur-Staaten sind ein Markt mit 260 Mio. Einwohnern und einem Wachstumspotential. Ein bedeutendes internationales Handelsabkommen wäre das EFTA-Mercosur-Abkommen, das den Handel zwischen EFTA-Staaten und den südamerikanischen Ländern des Mercosur-Bündnisses (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) erleichtern sollte. Letzte offene Punkte müssen nun geklärt werden unter Berücksichtigung der für die Industrien Chemie Pharma Life Sciences relevanten Bereiche IPR (Schutz des Geistigen Eigentums mit u.a. ausreichendem Patentschutz und Testdatenschutz RDP), Marktzugang und Ursprungsregeln/-bestimmungen. Für die Schweizer Industrien Chemie, Pharma und Life Sciences bietet dieses Abkommen Chancen, insbesondere in Bezug auf den Zugang zu wichtigen Märkten in Südamerika – Brasilien als wichtigste Exportdestination in Lateinamerika, belegt Rang 12 in der Länderrangliste der wichtigsten Exportdestinationen.
Die Mitgliedsunternehmen von scienceindustries exportieren bereits heute Güter im Wert von etwa 3.2 Milliarden Franken pro Jahr in die Mercosur-Staaten. Mit dem Abkommen sollen mittelfristig über 96 Prozent der Gesamtausfuhren der Schweiz von Zollkonzessionen profitieren, rund 95 Prozent werden vollständig zollbefreit. Angesichts der hohen Zölle der Mercosur-Staaten (Brasilien: Durchschnittszoll für chemische Produkte laut WTO: 5.3 Prozent) ermöglicht das Freihandelsabkommen mit knapp 170 Mio. Franken beachtliche Zolleinsparungen pro Jahr. Das ist neben den Abkommen mit der EU und mit China das grösste Zolleinsparungspotential aller Schweizer Freihandelsabkommen.
Ausblick: Zukünftige Entwicklungen und Herausforderungen
In den kommenden Jahren wird die Schweizer chemisch-pharmazeutisceh Industrie mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert sein. Der internationale Wettbewerb wird intensiver, während gleichzeitig die regulatorischen Anforderungen und protektionistische Tendenzen weltweit steigen. Die Ausgestaltung der Zollpolitik und der Zugang zu internationalen Märkten werden für die Zukunft entscheidend sein. Die Sicherstellung optimaler Rahmenbedingungen im Inland ermöglichen den Unternehmen in der Schweiz, im globalen Wettbewerb bestehen zu können.
Es bleibt abzuwarten, wie sich geopolitische Entwicklungen und der zunehmende Protektionismus auf die globalen Lieferketten auswirken werden. Eine Diversifizierung der Lieferketten und der Märkte scheint angebracht, um auch in Zukunft den Herausforderungen gewachsen zu sein und die Schweiz als Wirtschafts-, Produktions- und Arbeitsstandort zu sichern.

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