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Fact Sheet: Nein zur Tier- und Menschenversuchsverbotsinitiative
scienceindustries lehnt die "Tier- und Menschenversuchsverbotsinitiative" entschieden ab, da sie viel zu radikal ist. Sie würde faktisch zu einem Forschungsverbot führen.
02.03.2021
Das Ziel der Initiative ist eine tier- und menschenversuchsfreie Schweiz mit entsprechenden Produkten, Dienstleistungen und Lehre. So sollen jegliche Versuche an Tieren und Menschen sowie die Einfuhr von Produkten wie Medikamenten verboten werden, für die Tier- und/oder Menschenversuche durchgeführt wurden. Zudem verlangt die Initiative, Tierversuche in der Bundesverfassung als Tierquälerei und damit als Verbrechen zu verankern.
1. Initiative verbietet jede Forschung mit Tier- und Menschenversuchen
- Die Initiative vertritt eine extreme Haltung, die nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik faktisch zu einem Forschungsverbot führt.
- Denn auch wenn heute bereits Versuche am Menschen und mit Tieren durch alternative Methoden ersetzt werden, ist in vielen Bereichen – nicht nur bei der Entwicklung neuer Medikamente oder Impfstoffe – die Erforschung sowohl am Menschen wie am Tier unabdingbar.
- Dies zeigt auch die Covid-19 Pandemie deutlich: Weder Krankheiten noch die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen kennen nationale Grenzen und für deren Entwicklung bleiben Tierversuche und klinische Studien in der Schweiz und anderen Ländern noch auf längere Zeit unabdingbar.
- Die Initiative hätte also weitreichende Folgen für die gesamte Akademie: Nebst der wichtigen Grundlagenforschung wären aber auch die Sozialwissenschaften oder die Ökonomie vom Verbot massiv betroffen.
- Die Ausbildung und das Einüben von schwierigen Eingriffen wie Herztransplantationen wären ebenso nicht mehr möglich, denn diese werden von Medizinern an Tieren eingeübt.
- Für ein ressourcenarmes Land wie die Schweiz ist Forschung und Innovation ein zentraler Pfeiler des Erfolgs und Wohlstandes. Dank der Exzellenz der hiesigen Forschung, sowohl auf Seiten der Akademie als auch der Industrie, ist die Schweiz heute einer der führenden Forschungs- und Innovationsstandorte der Welt. Bei Annahme der Initiative wäre diese Position mehr als gefährdet, mit allen negativen Konsequenzen für Mensch und Tier.
2. Schweiz hat eine sehr strenge Tierschutzgesetzgebung
- Seit 2008 hat die Schweiz eine der umfassendsten und strengsten Tierschutzgesetzgebungen weltweit, mit einem Prozedere durch viele Kontrollinstanzen, das in der Art einmalig ist[1].
- Mit dem Humanforschungsgesetz wurden zudem seit 2014 die ethischen und rechtlichen Grundsätze und Schranken festgeschrieben, damit der Schutz der Menschen im Rahmen der Forschung an ihnen in hohem Masse gewährleistet ist.
- Humanforschungs- und Tierschutzgesetz ermöglichen bereits heute eine fein aufeinander abgestimmte Regulierungsmöglichkeit der Forschung an Tier und Mensch, sodass weder auf Verfassungs- noch auf Gesetzesstufe eine grundlegende Veränderung angezeigt ist.
- Die Forschenden sind sich bewusst, dass der Einsatz von Tieren und Menschen in der Forschung gesetzlich und ethisch zur Anwendung höchster Standards verpflichtet. Die Stiftung 3R setzt sich für die Erforschung alternativer Methoden zu Tierversuchen seit Ende der 80er Jahre ein.
- Die konsequente Umsetzung des „3-R-Konzepts“ (Replace, Reduce, Refine) hat im Verlauf der letzten 40 Jahre dazu beigetragen, die Gesamtzahl der in der Schweiz pro Jahr eingesetzten Versuchstiere um mehr als 70% zu reduzieren.
3. Gefordertes Importverbot schneidet die Schweiz vom Fortschritt ab
- Das in der Initiative weiter geforderte Importverbot für sämtliche an Menschen oder Tieren getesteten Produkte würde die Schweiz vom medizinischen Fortschritt und den Life Sciences abschotten.
- Dies würde nicht nur den Zugang der Menschen und Tiere zu neuen Medikamenten und Therapien verhindern, sondern auch die Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie empfindlich treffen.
- Damit gefährden die Initianten nicht nur den Forschungs- und Wirtschaftsstandort Schweiz, sondern auch die Gesundheit der Menschen und Tiere in unserem Land.
- Mittelfristig dürfen auch Versorgungsengpässe im medizinischen wie auch vielen weiteren Bereichen des täglichen Lebens (Kosmetik oder Nahrungsmittel) drohen.
Im Wissen, dass es für viele Tierversuche noch keine Alternativen gibt bzw. ein Ersatz nicht für alle Tierversuche möglich ist, ist es der falsche Zeitpunkt, einen von Minderheiten geforderten Ausstiegsplan festzulegen und so die Zukunft der Forschung in der Schweiz in lebenswichtigen Bereichen zu gefährden. Zusätzliche Kriterien und Verbote bei Tierversuchen wie sie dieselben Minderheiten fordern, würden zudem die weiteren Forschungsarbeiten z.B. aktuell im Zusammenhang mit einer Pandemiebekämpfung erheblich erschweren. Der Nationalrat hat sich erst kürzlich sehr deutlich gegen solche zusätzlichen Verbote ausgesprochen (Ablehnung der Pa.Iv. 18.491). Es gibt insbesondere in der aktuellen Situation keinen Grund, diesen klaren Entscheid des Nationalrates zu ändern.
Folgenden Grafiken illustrieren wie hoch der Tierschutz in der wissenschaftlichen Forschung in der Schweiz im internationalen Vergleich ist sowie den seit 2005 mehr als halbierten Rückgang von Tierversuchen in der Schweizer Industrie.
[1] Der Bereich Tierversuche ist richtigerweise besonders streng reguliert: Vor der Einreichung eines Tierversuchsantrages wird dieser zwingend durch einen behördlich anerkannten Tierschutzbeauftragten auf tierschutzrelevante Sachverhalte oder in tierschutzrechtlicher Hinsicht überprüft. Jeder einzelne beantragte Tierversuch mit Belastungen für das Tier muss gemäss Gesetz von einer kantonalen Tierversuchskommission begutachtet werden. Diese Fachkommission, in welcher Forschung und Tierschutz vertreten sind, empfiehlt dem zuständigen Kantonstierarzt das Gesuch zur Bewilligung oder zur Ablehnung. Der so bewilligte oder abgelehnte Tierversuch unterliegt dann einer 30-tägigen Einsprachefrist durch das BLV.