Wirtschaftsverband Chemie Pharma Life Sciences

Publikationen - Positionspapiere

Corporate Social Responsibility aus Sicht von scienceindustries

20.03.2020

Zusammenfassung

  • Die Mitgliedunternehmen von scienceindustries sind sich ihrer gesellschaftlichen Verantwor­tung bewusst und nehmen diese wahr. Sie engagieren sich seit Jahrzehnten in verschiedenen Bereichen freiwillig in CSR-Aktivitäten zu Themen wie Umweltschutz, Bildungsförderung oder Korruptionsbekämpfung.
  • Die internationale Staatengemeinschaft hat ein vielschichtiges CSR-Regelwerk mit Leitlinien und Verhaltensempfehlungen für multinational tätige Unternehmen geschaffen. Darüber hin­ausgehende staatliche Verpflichtungen sind nicht zielführend. Ein Schweizer Alleingang wäre wirkungslos und würde den Wirtschaftsstandort Schweiz unnötig belasten.
  • Eine stärkere Verrechtlichung von CSR, insbesondere die Ausweitung der Haftpflicht bei multinationalen Unternehmen, wie sie die Unternehmens-Verantwortungs-Initiative (UVI) vorsieht, würde sich kontraproduktiv auswirken. Vielmehr ist die Selbstverantwortung der Wirtschaft zu stärken.

Ausgangslage

Eine allgemein anerkannte Definition des Begriffs „Corporate Social Responsibility (CSR)“ fehlt, zu­dem nehmen die Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung je nach Betriebsgrösse und Tätigkeitsfeld unterschiedlich wahr. scienceindustries und ihre Mitgliedunternehmen verstehen un­ter verantwortlichem Handeln jedoch immer:

  1. Das Einhalten lokaler Gesetze, weltweiter konzerninterner oder industrieweiter Standards, die über die lokalen rechtlichen Standards hinausgehen können, sowie internationaler Vereinbarun­gen (Corporate Governance und Compliance).
  1. Das Wahrnehmen sozialer, ökologischer und ökonomischer Verantwortung im Kerngeschäft (Nach­haltiges Management).
  1. Das gesellschaftliche Engagement, das über das Kerngeschäft hinausgeht (Corporate Citizenship).

Politisch und medial stehen gegenwärtig besonders die Tätigkeiten global tätiger Unternehmen in Schwellen- und Entwicklungsländern im Zentrum des Interesses. Das vorliegende Papier richtet sich in erster Linie nach diesem Fokus.

Institutionelle und staatliche CSR-Entwicklungen

Themen im Bereich CSR werden zurzeit intensiv auf internationaler und nationaler Ebene diskutiert. International konnten sich verschiedene CSR-Leitlinien und Verhaltensempfehlungen durchsetzen. Sie bilden einen breit anerkannten Regelrahmen für global tätige Unternehmen. Zu erwähnen sind insbesondere die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, welche die soziale und ökologi­sche Entwicklung der Länder, in denen die Unternehmen tätig sind, fördern sollen. Ebenfalls bedeu­tend ist die globale Selbstverpflichtungsinitiative „UN Global Compact“. Die „Ruggie“-Prinzipien der UNO bilden schliesslich den Referenzrahmen bezüglich unternehmerischer Tätigkeiten und Wahrung der Menschenrechte.

Auf nationaler Ebene veröffentlichte der Bundesrat im April 2015 eine „Bundesratsstrategie Gesell­schaftliche Verantwortung der Unternehmen“. Mittels eines Nationalen Aktionsplans setzt er zudem die „Ruggie-Leitprinzipien“ für die Schweiz um. Überdies will der Bundesrat mit dem „Aktionsplan Grüne Wirtschaft“ die schweizerischen Rahmenbedingungen für den schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen weiterentwickeln. Auch das Eidg. Parlament hat sich bereits mit verschiedenen CSR-Initiativen auseinandergesetzt und u.a. zwei rechtsvergleichende Berichte verlangt.

Unter dem Schlagwort ‚Recht ohne Grenzen‘ hat ein schweizerisches Initiativkomitee die zwingende Durchsetzung einer sehr weitgehenden Unternehmensverantwortung gefordert. Insbesondere sollen danach Schweizer Gerichte für Klagen von ausländischen Personen bei Vorfällen im Ausland für zu­ständig erklärt werden. Die sog. Unternehmens-Verantwortungs-Initiative (UVI) wurde im April 2015 lanciert (siehe das Positionspapier zur Unternehmens-Verantwortungs-Initiative (UVI)).

Unternehmen nehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung seit langem wahr

Die Mitgliedunternehmen von scienceindustries befolgen die lokalen gesetzlichen Vorschriften zu Arbeitsbedingungen, Sicherheitsstandards, Umweltschutz usw. und halten sich an international aner­kannte Sozial- und Umweltstandards.

Zudem verfolgen die Unternehmen freiwillig ergänzende CSR-Strategien, wo sie es für sinnvoll erach­ten. Dabei gehen die Unternehmen oft über die Einhaltung lokaler gesetzlicher Vorschriften hinaus und streben danach, ihre Tätigkeiten im Unternehmen selbst, entlang der Wertschöpfungskette, am Standort des Unternehmens und am Markt möglichst weitsichtig und zukunftsverträglich zu gestal­ten.

Weltweit gibt es heute zahlreiche CSR-Standards und -Massnahmen. Für welche konkreten Mass­nahmen sich ein Unternehmen entscheidet, hängt von seinen spezifischen Tätigkeiten, seiner Grösse, seinen Produkten und Dienstleistungen sowie von den Ländern ab, in denen das Unternehmen aktiv ist. Somit können sich CSR-Massnahmen verschiedener Unternehmen erheblich voneinander unter­scheiden.

Eine praktische Grenze finden die CSR-Massnahmen in der Notwendigkeit, dass Unternehmen ihre weltweite Wettbewerbsfähigkeit und damit ihre Wertschöpfungsfunktion erhalten müssen. Besteht doch die primäre Funktion der Unternehmen gegenüber der Gesellschaft in ihrer wirtschaftlichen Wertschöpfung. Damit können Arbeitsplätze geschaffen, Steuern bezahlt und die Basis für das Wohl­ergehen von Menschen und Volkswirtschaften gelegt werden. Kann die Wettbewerbsfähigkeit durch die Umsetzung von CSR-Massnahmen nicht erhalten werden, scheitert jede CSR-Strategie.

Zudem kann unternehmerisches Handeln die Verantwortung der zuständigen politischen Organe nie ersetzen, sondern bloss ergänzen. Die Durchsetzung von Recht und Gesetz, die Umsetzung grundle­gender Umwelt- und Sozialstandards und das Angebot öffentlicher Dienstleistungen sind und bleiben zentrale Aufgaben der Staaten. Dazu gehört auch die Unterstützung der Unternehmen bei der Wahr­nehmung ihrer Verantwortung in Ländern mit schwachen Governance-Strukturen durch ihr Heim­land.

Besonderes Engagement in den Bereichen Umweltschutz und soziale Nachhaltigkeit

Für die Mitgliedunternehmen von scienceindustries sind Umweltschutz und soziale Nachhaltigkeit von besonderer Bedeutung. In den letzten Jahrzehnten wurden bedeutende Fortschritte erzielt. Jahresberichte bzw. Umwelt- oder Nachhaltigkeitsberichte („Non Financial Reporting“) formen den wichtigsten Kommunikationskanal der Unternehmen um über Strategien, Massnahmen und Erfolge ihrer Tätigkeiten in den Bereichen Umweltschutz und soziale Nachhaltigkeit zu berichten.

Einige wichtige Initiativen der Industrie seien an dieser Stelle erwähnt, weitere sind dem Anhang zu entnehmen:

  • Responsible Care Programm. Diese Initiative der internationalen chemischen Industrie bezweckt die Verbesserung der Leistungen der Unternehmen im Bereich Umwelt- und Arbeitssicherheit, die Förderung der Gesundheit sowie die Kommunikation mit Interessengruppen über Produkte und Prozesse. Die Industrie wird angespornt zur Lösung von gesellschaftlichen Herausforderungen und zur ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Dimensionen der Nachhaltigkeit beizutragen.
  • Together for Sustainability. Diese Initiative, die von führenden Chemieunternehmen vorangetrie­ben wird, fördert die Verbesserung der Nachhaltigkeit und der Qualitätsstandards in der gesamten Lieferkette.
  • Pharmaceutical Supply Chain Initiative (PSCI). Diese Initiative wurde von führenden Pharmaunternehmen lanciert und zielt in dieselbe Richtung wie „Together for Sustainability“.
  • Carbon Disclosure Project. Dieses Projekt will die Transparenz, Vergleichbarkeit und Beurteilung der Umweltleistung von Unternehmen verbessern und bestärkt die Unternehmen darin, Aus­kunft über ihre Treibhausemissionen und ihren Wasserverbrauch zu geben.

Schlussbemerkungen

scienceindustries anerkennt ausdrücklich die gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen in Ergänzung zur staatlichen und zivilgesellschaftlichen Verantwortung. Die Mitgliedunternehmen von scienceindustries zeichnen sich durch ein grosses Engagement in den Bereichen Umweltschutz, so­ziale Nachhaltigkeit und beim Schutz der Menschenrechte aus. Sie richten sich in ihren weltweiten Aktivitäten nach anerkannten Standards, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen, weil dies auch in ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse liegt. Gleichwohl stösst die ihnen zugewiesene ge­sellschaftliche Verantwortung an Grenzen:

  • Jeder Staat bestimmt innerhalb seines Staatsgebiets den verbindlichen Rechtsrahmen und setzt diesen durch. Unternehmen halten diese Bestimmungen ein, wobei sich ihr Aktionsradius auf ihren unmittelbaren Geschäftsbereich begrenzt. Die global tätigen Unternehmen orientieren sich an international anerkannten Standards, welche auch dann befolgt werden, wenn lokale Ge­setze und Implementierung-Gepflogenheiten diesen Standards nicht genügen.
  • International tätige Unternehmen fördern aktiv die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft in Entwicklungs- und Schwellen­ländern. Die Mitgliedunternehmen von scienceindustries tragen Sorge zur Umwelt, haben unzählige Arbeitsplätze in Entwicklungs- und Schwellenländern geschaffen und ermögli­chen den Transfer von Know-how. Zudem leisten sie mit ihren freiwilligen CSR-Engagements ei­nen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung in den Ländern, in denen sie unter­nehmerisch tätig sind.
  • Eine Verrechtlichung von CSR birgt zahlreiche Gefahren. Starre Gesetze und zu strenge Haftungs­bestimmungen hemmen Innovationen, führen zu einer schwerfälligen Bürokratie und untergraben unternehmerische Eigeninitiativen im CSR-Bereich. Ein gesetzgeberischer Alleingang der Schweiz (allenfalls mit „Swiss Finish“) wäre nicht nur faktisch wirkungslos, sondern würde die hier ansässigen Unternehmen gegenüber Konkurrenten aus dem Ausland benachteiligen. Die Wettbewerbsfähigkeit schweizerischer Unternehmen und damit auch die Basis freiwilliger CSR-Engagements würden gefährdet.
  • CSR muss grundsätzlich in der Verantwortung der Unternehmen liegen. Unternehmen müssen einen langfristigen Geschäftserfolg sicherstellen und sind deshalb auch an einem stabilen und unternehmensfreundlichen Wirtschaftsumfeld in den Ländern ihrer Geschäftstätigkeit interes­siert. Die konkrete Umsetzung einer CSR-Strategie muss Sache der Unternehmen bleiben. Zwin­gende Elemente, wie z.B. Berichterstattungspflichten oder erweiterte Haftungsbestimmungen bei Verstössen von Dritten, sind kontraproduktiv und führen dazu, dass freiwillige CSR-Aktivitä­ten gefährdet werden.

 

 


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