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Positionspapier Freihandelsabkommen – ein Weg zur Nachhaltigkeit

    

07.02.2020

Generell verfolgen die Freihandelsabkommen (FHA) das Ziel, die Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen mit wichtigen Partnern weltweit zu erreichen. Freihandelsabkommen sind deshalb ein wichtiges Instrument zur Aufrechterhaltung und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Schweiz.[1]

Der Erfolg der schweizerischen chemisch-pharmazeutischen Industrie mit ihren 250 Unternehmen und rund 70'000 Mitarbeitern basiert in hohem Masse auf der weltweiten Vermarktung ihrer innovativen Produkte. Mehr als 98% ihrer Produkte werden exportiert. Die chemisch-pharmazeutische Industrie trägt rund 45% zum Schweizer Gesamtexport bei und ist als grösste Exportindustrie der Schweiz deshalb weltweit auf den Marktzugang, auf den starken und durchsetzbaren Schutz des geistigen Eigentums sowie auf den wirksamen Schutz ihrer Direktinvestitionen angewiesen.

Gelingt es nicht, Handelsabkommen auf multilateraler oder plurilateraler Ebene abzuschliessen, bieten Freihandelsabkommen (FHA) und das Allgemeine Präferenzsystem (engl. GSP) sowohl Entwicklungs- und Schwellenländern wie auch der Schweiz (im Falle der FHA) die Möglichkeit, u.a. einen gegenseitigen erleichterten Marktzugang zu erreichen.

Der erleichterte Marktzugang durch den Abbau von Zöllen und von Handelshemmnissen ermöglicht allen Unternehmen (inkl. KMU's) Wettbewerbsvorteile gegenüber Mitkonkurrenten aus Ländern ohne entsprechendes FHA. Neben der deutlichen Zunahme der Handelsströme zwischen den FHA-Partnern ermöglichen Freihandelsabkommen der Schweizer Exportwirtschaft erhebliche Einsparungen von Zöllen.[1],[2]

Die Schweiz hat mittlerweile mit den meisten wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern entsprechende Abkommen abgeschlossen. Für die Erweiterung des FHA-Netzes werden nun vermehrt entsprechende Abkommen mit Entwicklungs- und Schwellenländern angestrebt.

scienceindustries unterstützt die Strategie des Bundesrates, das Netz von Freihandelsabkommen durch neue Abkommen zu erweitern sowie bestehende Abkommen zu modernisieren.

Nachhaltigkeitskapitel in Freihandelsabkommen

Bei FHA-Verhandlungen setzt sich die Schweiz für die Aufnahme von Bestimmungen zu Handel und nachhaltiger Entwicklung ein, die auf die Verpflichtungen der Vertragsparteien gemäss den Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) der Vereinten Nationen und dem Klimaübereinkommen von Paris verweisen. In den neueren FHA werden diese beiden Instrumente explizit genannt. Die Nachhaltigkeitsklauseln umfassen u.a. das Engagement zur Einhaltung und Umsetzung der internationalen Verpflichtungen der Vertragsparteien im Bereich Umweltschutz und Arbeitsnormen, die nachhaltige Bewirtschaftung von Waldressourcen und Fischbeständen, die Förderung menschenwürdiger Arbeit für alle sowie die Verbreitung und Verwendung von Nachhaltigkeitszertifikaten zur Förderung umweltfreundlicher Produktionsmethoden und Sozialstandards. Zudem wird auf die wichtigsten internationalen Instrumente im Bereich der Menschenrechte sowie auf die Grundsätze der verantwortungsvollen Unternehmensführung (Corporate Social Responsibility, CSR) verwiesen.

Freihandelsabkommen als Chance für eine nachhaltige Entwicklung wahrnehmen

Freihandelsabkommen ermöglichen Entwicklungs- und Schwellenländern, eigene Produkte zu wettbewerbsfähigen Konditionen (u.a. durch Reduktion von Zöllen und Handelshemmnissen) im Markt des Freihandelspartners vermehrt anzubieten. Die hohe Eintrittsschwelle in den Weltmarkt beinflusst die angewendeten Umwelt- und Arbeitsstandards im jeweiligen Land. Tiefe Standards vermögen zwar die Wettbewerbsfähigkeit kurzfristig zu erhöhen, nachhaltig sind solche jedoch nicht. Abnehmer solcher Waren sind ihren Konsumenten verpflichtet, Standards für Produktequalität und -sicherheit, Umweltstandards sowie den Schutz des Geistigen Eigentums einzuhalten. Ein erleichterter Marktzugang ermöglicht die Entstehung zusätzlicher Arbeitsplätze, welche den Arbeitnehmern ein höheres Einkommen bescheren und so die wirtschaftliche Situation verbessern. Der damit einhergehende Wohlstandsgewinn respektive die Anhebung des Lebensstandards verbessern das Bildungsangebot und somit die Zukunftsperspektive. Entstehende, freiwerdende Ressourcen können so in die nachhaltige Entwicklung investiert werden. Die Zukunftsperspektive hängt in hohem Masse von der wirtschaftlichen Situation des betroffenen Landes ab. Zudem senken verbesserte Perspektiven den Migrationsdruck und fördern die politische Stabilität in den betroffenen Ländern.

Zudem beinhalten Freihandelsabkommen den weiteren, routinemässigen Kontakt zwischen den Partnerländern, wodurch auf Augenhöhe auf eventuelle Missstände, nicht tarifäre Handelshemmnisse etc. hingewiesen werden kann, wo sonst keine Einflussmöglichkeit besteht. Ein Freihandelsabkommen mit einem Land wie der Schweiz kann für das Partnerland auch einen beträchtlichen Prestigegewinn zur Folge haben.

Der vergrösserte Markt kann sich außerdem positiv auf die Qualität und Preis von produzierten Waren und Dienstleistungen sowie die Schaffung von mehr Innovationen auswirken.

Nicht zuletzt können Freihandelsabkommen eine große Bedeutung für die Friedenssicherung zwischen Staaten haben.

Die schweizerische chemisch-pharmazeutische Industrie bekennt sich zur nachhaltigen Entwicklung in ihren drei Dimensionen (ökonomisch, ökologisch und sozial). Ein möglichst freier Handelsaustausch zwischen den Ländern fördert die nachhaltige Entwicklung durch seine wohlstandssteigernden Wirkungen am besten. scienceindustries unterstützt deshalb die Strategie des Bundesrates ausdrücklich.

Einhaltung der Bestimmungen zu Handel und nachhaltiger Entwicklung - drohendes Verhalten nicht zielführend

Freihandelsabkommen werden in der Regel zwischen souveränen Staaten oder Staatengruppen vereinbart. Diese Verträge sollten sich auf die ursprüngliche Zielsetzung beschränken, i.e. die Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Handelspartnern. Eine Überfrachtung mit Inhalten, die vielleicht sogar berechtigte Forderungen im Bereich Nachhaltigkeit, wie z.B. die Einführung von Sanktionsmassnahmen bei Nichteinhaltung vereinbarter Nachhaltigkeitsbestimmungen,  enthalten, können dazu führen, dass sich Verhandlungspartner aus den Verhandlungen zurückziehen. Damit verliert man eine wichtige Dialogplattform, um genau eben diese Themen zu diskutieren und umzusetzen.

Zielführender ist es, im Rahmen des Gemischten Ausschusses der Freihandelspartner mögliche Defizite anzusprechen und einer Lösung zu zuführen, u.a. auch durch den Austausch über Best Practices. Insbesondere bieten die bereits bestehenden multi- und plurilateralen Foren (z.B. UNO, WHO, ILO, OECD) auch die Möglichkeit zum Dialog. Die Androhung von Sanktionen wird sich kontraproduktiv auswirken.

Dementsprechend sollte aus Sicht von scienceindustries darauf verzichtet werden, Sanktionsmassnahmen bei Nichteinhaltung der Bestimmungen zu Handel und nachhaltiger Entwicklung einzuführen. Damit riskiert man, dass interessierte Länder von Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den EFTA-Staaten oder der Schweiz absehen und damit die Möglichkeit der Zusammenarbeit wegfällt.

Download: Freihandelsabkommen – ein Weg zur Nachhaltigkeit (PDF)

 


[1] https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/Aussenwirtschaftspolitik_Wirtschaftliche_Zusammenarbeit/Wirtschaftsbeziehungen/Freihandelsabkommen.html

[2]..... Untersuchungen zeigen, dass sich der Handel mit Freihandelspartnern dynamischer entwickelt als mit anderen Staaten. Während der weltweite Aussenhandel der Schweiz von 1988 bis 2008 pro Jahr durchschnittlich um 5,7% zugenommen hat, wuchs der Handel mit Freihandelspartnern im Durchschnitt der ersten vier Jahre nach Inkrafttreten des jeweiligen Freihandelsabkommens um über 10% pro Jahr.... (Artikel "Freihandelsabkommen sind ein Grundpfeiler der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik");


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